„Kurdisch-Deutscher Verein“verboten: Widerspruch eingelegt
■ Der Ex-Vorsitzende des Vereins vermutet „schmutzige Wahlkampagne“
Der Rechtsanwalt des „Kurdisch-Deutschen Solidaritätsvereins“, Eberhard Schultz, hat Widerspruch gegen das Verbot des Vereins vom Montag eingelegt. Falls damit das Verbot nicht rückgängig gemacht werden kann, will Schultz in einer Woche eine einstweilige Verfügung beantragen. Der Sprecher von Innensenator Ralf Borttscheller, Stefan Luft, zeigte sich davon gestern wenig beeindruckt: „Ich bin sicher, daß das Verbot Rechtsbestand haben wird.“Am Montag war der Solidaritätsverein durch Borttscheller verboten worden, da er das Organisationszentrum der verbotenen „Arbeiterpartei Kurdistans“(PKK) in Bremen sei.
Rechtsanwalt Schultz kritisiert die 14seitige Verbotsverfügung in mehreren Punkten. Die im Solidaritätsverein beschlagnahmten Bilder und Gegenstände, auf denen auch PKK-Symbole zu finden waren, rechtfertigen in seinen Augen kein Verbot. Die zwei zitierten Zeugen, die von angeblichen Schutzgelderpressungen berichteten, hält Schultz für „vage und in sich sowie untereinander widersprüchlich.“Auch den Vorwurf, Vereinsmitglieder hätten zu PKK-Veranstaltungen aufgerufen, will Schultze nicht gelten lassen: alle derartigen Ermittlungen aus der Vergangenheit seien inzwischen eingestellt.
Nach der Einschätzung der Bremer Ausländerbeauftragten Dagmar Lill stützt sich das Verbot auf „nur vage Erkenntnisse“. Gestern morgen trafen sich in ihrem Büro Teile des ehemaligen Beirates des Vereins. In der Begründung für das Verbot sei „nichts dramatisch neues“zu entdecken; der Kern des Vereins sei zudem offenbar nicht von den Vorwürfen betroffen. Lill will nun abwarten, wie Senator Borttscheller sein Vorgehen vor der morgen tagenden Deputation für Inneres erklärt.
Der ehemalige Vorsitzende des Vereins, Mehmet Karaboga, wertete das Verbot als „Provokation“, und bekräftigte gleichzeitig seinen Willen, die Auseinandersetzung mit der Innenbehörde auf gerichtlichem Weg zu führen. Karaboga sieht die Aktion als „schmutzige Wahlkampagne“, mit der sich Borttscheller und seine Partei nach den Wahleinbußen in Sachsen-Anhalt nun in Bremen als Hardliner profilieren möchten.
Vor dem Gebäude in der Faulenstraße 9 hat sich inzwischen die Polizei häuslich in einem provisorischen Bürocontainer eingerichtet. Nach dem Verbot des „Hevalti“-Vereins war es 1995 zu einer Hausbesetzung an gleicher Stelle gekommen. Drei Polizeitransporter haben vor und neben dem leergeräumten Haus geparkt. Von besonderen Vorkommnissen kann der Einsatzleiter nicht berichten, das Ende des Gebäudeschutzes ist offen.
Während mehrere Initiativen und Vereine, darunter die „Galerien Cornelius Hertz“, der „Internationale Menschenrechtsverein“, das „Arab-Büro“und die „Interkulturelle Neustädter Initiative“gegen die Schließung protestierten, regte sich auch Kritik an der Presseerklärung, mit der Borttscheller seinen Schritt verkündete. Für die Grünen dementierte der Abgeordnete Arendt Hindriksen, daß der Solidaritätsverein in den Räumen der Grünen gegründet worden sei. Die Geschäftsführerin des „Dachverbandes der Ausländer Kulturvereine in Bremen“(DAB), Gule Iletmis, wendete sich gegen die Aussage des Innensenators, daß der Solidaritätsverein nach der Aufnahme in den Dachverband von öffentlichen Fördermitteln profitieren konnte. Der Ex-Vorsitzende des Vereins, Karaboga, fragt sich zudem, warum das Verbot erst jetzt kam – die Verbotsverfügung trägt das Datum 7. April.
Christoph Dowe
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