■ Nicht die DVU, die Schwäche SPD erzwingt die Große Koalition
: Ab in die neue Mitte

Kaum hat die Deutsche Volksunion (DVU) die politische Bühne in Magdeburg betreten, bestimmt sie die Politik in scheinbar weit höherem Maße, als es die dümmlichen Äußerungen ihrer Funktionäre erahnen lassen. Noch bevor so richtig klar war, wer ihr denn zu ihrem Erfolg verholfen hat, konnte sie selbstzufrieden für sich in Anspruch nehmen, Einfluß auf so staatstragende Fragen wie die einer Regierungsbildung zu nehmen. Der CDU ist sie ein geradezu zwingendes Argument für eine Große Koalition gegen die extremistischen Ränder. Mit der gleichen Schlüssigkeit will die PDS ein rosarotes Tolerierungsbündnis gegen die rechte Gefahr schmieden.

Es gehört zu den Überlebensstrategien extremistischer Parteien, allein ihr Dasein zum Gegenstand der politischen Debatte zu erheben. Je weitreichender die durch ihre Existenz beeinflußten Entscheidungen sind, desto mehr können sie ihre eigene Bedeutung überhöhen. So gesehen, dürfte der DVU bereits ein erster Achtungserfolg beschieden sein. Dabei gibt es keinen Zusammenhang zwischen Regierungsformation und Rechtsextremismus.

Daraus nun den Schluß zu ziehen, Reinhard Höppner wäre frei in seiner Entscheidung zwischen Koalition und Tolerierung, ist jedoch falsch. Schon vor der Wahl haben ihn die Signale der Parteispitze der SPD erreicht, den Sieg bei der Bundestagswahl nicht durch ein Bündnis mit der PDS zu gefährden. Dieses Signal hätte er ignorieren können, wenn er als deutlicher Sieger aus der Wahl hervorgegangen wäre.

Reinhard Höppner ist jedoch weit hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben. Höppners Wahlergebnis zeigt der SPD: Die Schröder-Welle klingt ab. Das Programm der PDS erweckt zudem kein Vertrauen in ein Regierungsbündnis, bei dem sie immerhin ein Drittel der Stimmen stellen würde. Die SPD müßte wie 1994 eine Extremismuskampagne der CDU fürchten – aufgefrischt mit der DVU. Das kostet Wähler und schreckt zu Recht.

Und so dienen die Gespräche, die Höppner nun mit der PDS führt, lediglich als taktische Maßnahme, um die CDU zu dem Schritt zu bewegen, den sie angesichts ihrer Schwäche schon längst hätte vollziehen müssen: einen personellen Neuanfang an ihrer Spitze. Denn ein Landesvorsitzender, der solch ein desaströses Ergebnis verantwortet, hat sich damit nicht gerade als Stütze einer Regierung ausgewiesen.

Dieter Rulff