Kirche Guatemalas setzt Ultimatum

■ Der Mord von Bischof Gerardi soll in 72 Stunden aufgeklärt werden. Die Regierung veröffentlicht Phantombilder der Täter, streitet aber politische Hintergründe ab. Die Tat ist eine Gefahr für den Friedensp

Guatemala-Stadt/San Salvador (AP/taz) – Die katholische Kirche Guatemalas hat der Regierung ein 72stündiges Ultimatum zur Aufklärung der Ermordung von Erzbischof Juan Gerardi Conedera gesetzt. Sollten die Behörden innerhalb dieses Zeitraums nicht den Mörder finden, müsse die Regierung einen Preis bezahlen, hieß es in einer am Montag abend veröffentlichten Erklärung der Kirche. Gerardi wurde am Sonntag von Unbekannten erschlagen. Dies geschah nur zwei Tage nachdem er einen Bericht über gravierende Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs veröffentlicht hatte.

Der konservative guatemaltekische Präsident Alvaro Arzu kündigte die Einrichtung einer Sonderkommission zur Aufklärung des Mordes an, wies jedoch die von der Kirche gesetzte Frist zurück. Innenminister Rodolfo Mendoza präsentierte zwei Phantombilder des Täters. Ein Straßenkind habe beobachtet, wie ein Mann dem Bischof mit einem Betonstein auf den Hinterkopf geschlagen habe. Danach habe er ihm mit mindestens zehn weiteren Schlägen das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Wer dies einen „politischen Mord“ nenne, so Mendoza, verbreite „unbegründete Spekulationen und Vermutungen“.

Anders als der Innenminister stellt die Friedensnobelpreisträgerin und Indigena-Aktivistin Rigoberta Menchu einen klaren Zusammenhang zwischen dem Mord und der Veröffentlichung des Menschenrechtsberichts her. Der Tod Gerardis, so Menchu, sei „eine Reaktion der Mörder, die noch immer frei herumlaufen“. Ronalth Ochaeta, Leiter des Menschenrechtsbüros des Erzbistums von Guatemala-Stadt, sprach gar von einem „Gnadenschuß für den Friedensprozeß“. Die ehemalige Guerilla der „National-Revolutionären Einheit Guatemalas“ (URNG) nannte den Mord „eine schwere politische Provokation“ und machte weitere Reaktionen vom Verhalten der Regierung abhängig.

Tatsächlich ist der Menschenrechtsbericht des Erzbistums für die guatemaltekischen Militärs und ihre Freunde eine unangenehme Sache. Denn er geht weiter, als es von dem für Juni angekündigten Bericht der Wahrheitskommission zu erwarten ist. Dieser im Friedensvertrag von 1996 vereinbarten Kommission ist es ausdrücklich untersagt, die Verantwortlichen für die von ihr untersuchten Menschenrechtsverletzungen zu benennen. Das Dokument der katholischen Kirche dagegen sagt deutlich, wer für die großen Massaker der achtziger Jahre und für die meisten der gut 150.000 Toten und 50.000 Verschwundenen des Krieges verantwortlich ist: die staatlichen Sicherheitskräfte.

Für die Täter von damals wurde nach dem Abschluß des Friedensvertrags eine Amnestie erlassen. Gerardi, schon während des Krieges einer der prominentesten Verfechter der Menschenrechte, wußte, warum er sich dagegen ausgesprochen hatte. kep