Bildungsoffensive für nichtdeutsche Kinder

■ Berliner Innenstadtkonferenz setzt sich für verstärkte vorschulische Sprachförderung ein

Berlin (taz) – Die erste von mehreren parteienübergreifenden Gesprächsrunden zu sozialen Problemen der Innenstadtbezirke Berlins hat zumindest ein konkretes Ergebnis gebracht. Die Probleme von Schulen mit einem hohen Anteil nichtdeutscher Schüler können nicht dadurch gelöst werden, daß Schüler mit dem Bus zum Unterricht in andere Bezirke gebracht werden.

Damit hat die vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) einberufene Expertenrunde aus Schulstadträten, Ausländerbeauftragten, Migrantenvertretern und der Schulsenatorin entsprechenden Forderungen konservativer CDU-Kreise eine Absage erteilt. Die dreistündigen Beratungen drehten sich am Montag abend vor allem darum, wie Sprachdefizite nichtdeutscher Schüler in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil behoben werden können. Einig waren sich die PolitikerInnen von CDU, SPD, Grünen und PDS darin, daß künftig schon in Kindertagesstätten und Vorschulen die Deutschkenntnisse verbessert werden müssen. So soll die Zahl der Erstkläßler, die dem Unterricht mangels Deutschkenntnissen nicht folgen können, verringert werden. Sprachkurse für Mütter, wie sie eine Kreuzberger Grundschule seit vergangenem Sommer mit Erfolg anbietet, sollen auch an anderen Schulen angeregt werden. Auch die Einrichtung von Schülerclubs an Schulen, die nachmittags Freizeitaktivitäten, Hausaufgabenbetreuung oder auch ein warmes Mittagessen bieten, wurde von Schulleitern befürwortet.

Dagegen stießen die von Diepgen geforderten obligatorischen Sprachtests und der Ausbau von Förderklassen bei vielen TeilnehmerInnen auf Ablehnung. Die Förderklassen für nichtdeutsche Schüler mit mangelnden Sprachkenntnissen werden vielfach als zweitklassiges und diskriminierendes Angebot wahrgenommen. „Förderklassen sind ein Schritt zurück“, erklärte die Schulleiterin einer Kreuzberger Grundschule. Zudem ließen sie sich auch kaum realisieren, weil es in der Praxis an Regelklassen fehle, in die diese Schüler reintegriert werden könnten. Außerdem verlieren die Schüler häufig ein Schuljahr.

Für sinnvoll befand die Runde zusätzlichen Deutschunterricht für Schüler mit unzureichenden Sprachkenntnissen. Die Fördergelder dafür waren vor drei Jahren halbiert worden – ein Schritt, der nach Vorstellung der Teilnehmer nun rückgängig gemacht werden soll.

Welche Ideen umgesetzt werden können, hängt allerdings von den beginnenden Haushaltsberatungen ab. SPD-Finanzsenatorin Fugmann-Heesing bleibt bei ihrem harten Sparkurs: Zusätzliche Gelder stehen nicht zur Verfügung. In Frage kommt nur eine Umschichtung von Haushaltsgeldern.

Der Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz (Bündnisgrüne) fühlte sich gestern bestätigt, „daß nichts dabei rauskommt“. Andere Teilnehmer, wie der stellvertretende Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik, Rolf-Peter Löhr, sprachen von „einem Anfang, der weitergeführt“ werden müsse. Weitere Innenstadtkonferenzen sollen bis zum Herbst zu den Themen Arbeitslosigkeit, Innere Sicherheit und Wohnen tagen. Dorothee Winden