Viel Design, wenig Sinnlichkeit

■ Die teuerste Hongkong-Produktion aller Zeiten: Black Mask im 3001-Kino

Nach dem bis heute ungeklärten Ableben des guten Bruce Lee gab es nicht nur eine Reihe von Verschwörungstheorien,sondern auch unzählige Namensvetter, die mit hingerotzter B-Ware in die Marktlücke sprangen. Man denke nur an längst vergessene Namen wie Bruce Lai oder – noch schöner – Conan Lee.

Wenn jemand ganz sicher nicht in diese Epigonengalerie paßt, dann ist es der 1963 geborene Peking-Opern-Zögling Jet Li. Nach seinem Umzug von China ins kapitalistische Hongkong wurde er zu einem der populärsten Stars des ost-asiatischen Kinos. Spätestens in seiner Rolle des Volkshelden Wong Fei-hung in Tsui Harks National-Epos Once Upon A Time in China von 1991 hat sich der chinesische Gene Kelly auch in die Herzen westlicher Kinogänger getanzt. Kampfsport-Afficinados bemängeln hingegen, daß in diesen farb- und bewegungsreichen Historien-Schinken dem Spektakel mit Special effects und Drahtseilen auf die Sprünge geholfen wird.

Wie um seinen Kritikern entgegenzutreten, ist Black Mask zur Hälfte eine Hommage an Bruce Lees legendäre Rolle in der Fernsehserie The Green Hornet und jene schwarze Zorro-Maske, die er dort trug. Die andere Hälfte dieses Science-fiction-Hybriden hört allerdings auf den Namen Arnold Schwarzenegger in Eraser – und damit fangen die Probleme an. Jet Li ist eines der schmerzunempfind-lichen Mitglieder der 701 Squad, einem geheimen Versuchsprojekt der Armee. Als die Hongkonger Triaden von einer Reihe von Massakern heimgesucht werden, sieht er sich gezwungen, seiner friedlichen Bibliothekarsexistenz den Rücken zuzukehren und im schwarzen S/M-Outfit den Kampf gegen Superverbrecher Shung aufzunehmen. Herausgekommen ist dabei eine visuell atemberaubende, aber unglaublich hohle Achterbahnfahrt, die eher durch ihr Design als durch Jet Lis sinnliche Eleganz beeindruckt. Darin scheint sich nicht nur anzudeuten, daß die Ära Jet Li/Tsui Hark sich dem Ende zuneigt. Als teuerste Hongkong-Produktion aller Zeiten ist Black Mask auch ein Versuch, mit amerikanisierten Genre-Mustern auf zurückgehende Besucherzahlen, US-Blockbuster und die ökonomische Krise der asiatischen Filmwirtschaft zu reagieren.

Viel überzeugender als der vom Blade Runner-Gerümpel eingekeilte Li sind Karen Mok (aus Wong Kar-Wais Fallen Angels) als Tracy und der neue Schauspielstar Lau Ching Wan (Foto) als Bulle. Durch seine behäbige Trampeligkeit ist er als der sympathische Nudelverkäufer aus Patrick Leungs elegischem Beyond Hypothermia (1996) in bester Erinnerung, und in Wai Ka Fais Too Many Ways To Be No. 1 (1997) trug er dazu bei, den durch Wong Kar-Wais explosiven, Handkamera-besessenen Neorealismus popularisierten Stil radikal weiterzuentwickeln. Da aber die wenigsten Hongkong-Filme überhaupt ihren Weg nach Deutschland finden, geschweige denn auf eine Kino-Leinwand, bleibt der Gang ins 3001 natürlich Ehrensache. Langweilig ist The Black Mask keine Minute.

Tobias Nagl

Do, 30. April bis Mi, 6. Mai, 22.30, 3001 (außer Fr, 1. Mai!)