„Zeigen, was wir können“

■ Die Bremer Hochschule für Künste hat zum Jubiläum ein Musikfestival auf die Beine gestellt / Sprecher Manfred Cordes über Programm und Probleme

1878: erste private Musikschule in Bremen. 1948: Bremer Musikschule e.V. 1988: Hochschule für Künste. Nimmt man das Grün-dungsdatum (1873) der Vorläuferinstitution „Gewerbliche Kunstschule“hinzu, so ergibt sich das Logo für das diesjährige Jubiläum: 125 Jahre Kunstschule, zehn Jahre Hochschule für Künste (HfK) Bremen. Der Fachbereich Bildende Kunst feiert erst im Herbst, die Abteilung Musik schon jetzt. Ab Sonnabend, 2. Mai, findet unter dem Titel „pian e forte“eine veritable Festspielwoche mit sechzehn Veranstaltungen statt, die die Stadt neben ihren regelmäßigen Festivals noch nicht gesehen und gehört hat. Fachbereichssprecher Manfred Cordes erläuterte im taz -Gespräch Programm und Programmatik.

taz: Herr Cordes, Alte Musik, Neue Musik, Oper, Kirchenmusik, Jazz: Was können Sie feiern – angesichts der bedrohlichen Sparkeulen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Bremischen Musikhochschule gefährden?

Manfred Cordes: Es ist richtig, daß diese Gefahren in keiner Weise gebannt sind. Aber wir haben uns entschieden, nicht zu lamentieren. Man muß zunächst nach innen und nach außen zeigen, was geleistet wurde und was wird; nur damit zeigt man auch, was hier im Moment in Gefahr ist.

Das Konzertprogramm zeigt wirklich alles, es wird für die Öffentlichkeit aufregend sein, sich darüber einmal so umfassend informieren zu können. Aber kann ein so umfassendes Konzept bei einer so kleinen Hochschule tragfähig bleiben, oder muß es nicht angesichts der großen Konkurrenten Hamburg und Hannover doch langfristig mehr Spezialisierungen geben?

Nein. Man kann gewisse Dinge nicht ausgrenzen. Die klassische Vokal- und Instrumentalausbildung ist nach wie vor das Zentrum und die Grundlage einer Musikhochschule. Darauf bauen die zwei Säulen Alte Musik und Neue Musik auf. Diese beiden Spezifika sind für unsere Profilbildung allerdings von sehr großer Bedeutung, der Jazz sollte dazu genannt werden.

Seit 1988 aufgrund eines überregionalen Gutachtens politisch neunzehn Professuren versprochen und mit Cello, Komposition, Gesang, Dirigieren, Orgel ein Anfang gemacht wurde, sind auch die Studentenzahlen gestiegen?

Erst einmal muß gesagt werden, daß es zunächst um die Einhaltung dieser Zusage geht: Im Augenblick ist die Minimalausstattung nicht mehr gewährleistet. Zu Ihrer Frage: Das Interesse ist national und vor allem international gestiegen. Aber zur Zeit ringen alle Musikhochschulen um immer weniger Studenten, denn die Unsicherheit, was nach dem Studium kommt, ist riesig. Nur ein Top-Lehrangebot kann den AbsolventInnen eine Chance geben. Als Beispiel nenne ich unsere Professoren Hans Ola Ericsson für neue Orgelmusik und Harald Vogel für alte Orgelmusik. Damit hat Bremen ein Spitzenangebot, das man nicht so schnell anderswo wieder findet.

Erläutern Sie das Festprogramm?

Gern. Nach der Aufführung von Jacques Offenbachs komischer Oper „Mesdames de la Halle“, die der Bremerhavener Intendant Peter Grisebach inszenieren wird, gibt es unter dem Titel „Potlatch“im Schauspielhaus eine gemeinsame Überraschungsaktion der gesamten Hochschule. Potlatch ist ein indianischer Begriff für Schenken und Zurückschenken: Wir erhalten Unterstützung vom Steuerzahler, wir geben dafür Denkanstöße, Kunstgenuß, Freude, Diskussionen ... Wir hätten im Gegenzug dann gerne wenigstens die minimale Ausstattung. Das Kammerorchester „Maria Grevesmühl“hat unter Thomas Klug eine enorme Entwicklung genommen, im Konzert des Studienganges Kirchenmusik stellt sich die neue Professorin für Chorleitung Friederike Woebcken vor. Die Rekonstruktion des 1962 vom Dom untersagten Konzertes bildet ein Zentrum, ebenso das Konzert der Alten Musik. Junge KomponistInnen stellen sich vor, InstrumentalistInnen, SängerInnen. Ein Highlight ist sicher das Festkonzert unter der Leitung von Martin Fischer-Dieskau.

In diesem Konzert spielt Katrin Scholz Tschaikowskys schweres und berühmtes Violinkonzert. Wer ist Katrin Scholz?

Frau Scholz ist eine junge Solistin, die auf den großen Podien der Welt zu Hause ist. Es wird hoffentlich bald eine engere Bindung an die Hochschule geben.

Herr Cordes, die Leistungen einer Musikhochschule sind ja häufig hochkarätig und beim normalen Konzertpublikum viel zu wenig beachtet. Wollen Sie Öffentlichkeit ausbauen und wie?

Unbedingt. Ich habe mit Ilona Schmiel, der neuen Geschäftsführerin der Glocke gesprochen, die in dieser Hinsicht sehr ambitioniert und aktiv ist. Zwei Konzerte jährlich in der Glocke wären schon toll!

Herr Cordes, eine Hochschulwoche ist schnell vorbei. Gibt es sonstige Dokumentationen?

Ja, sicher: eine Jubiläumsschrift und eine interessante Doppel-CD. Beides wird an den Abendkassen angeboten.

Sie sagten anfangs, die politische Lage sei noch unverändert nicht eben rosig?

Mitte Mai wird es ein Gespräch mit der Senatorin geben. Der Fachbereich benötigt noch vier bis fünf Professoren zum Existenzminimum. Nächste Woche gilt aber erst einmal: Wir wollen zeigen, was wir können!

Ute Schalz-Laurenze

Die Festwoche beginnt am 2. Mai um 20 Uhr mit der Aufführung der Offenbach-Oper „Mesdames de la Halle“im Konzertsaal der Hochschule an der Dechanatstraße. Genaue Infos über das Programm gibt's täglich in der taz oder in der Hochschule unter 30 19 207