Imelda Marcos wirft das Handtuch

■ Philippinische Diktatorenwitwe will doch nicht Präsidentin werden

Manila (taz) – Eine der schillerndsten und umstrittendsten Kandidatinnen im philippinischen Präsidentschaftswahlkampf hat gestern das Handtuch geworfen: die Diktatorenwitwe Imelda Marcos. „Bevor die Situation in einer extrem emotionalen und gewalttätigen Wahl“ explodiere, erklärte sie vor einer kleinen Schar von Anhängern in Manila, ziehe sie ihre Bewerbung für die Wahl am 11. Mai zurück. Nach den Umfragen hatte die 69jährige, deren Mann Ferdinand Marcos die Philippinen in zwanzigjähriger Herrschaft bis 1986 mit Hilfe des Militärs und einer kleinen Schicht von Geschäftsfreunden ausgeplündert hatte, ohnehin keine Siegeschance.

Der Verzicht wurde offenbar von den jüngsten Entwicklungen im Streit um das Marcos-Vermögen bestärkt. Es wird auf fünf Milliarden Dollar geschätzt und soll auf Konten im Ausland versteckt sein. Ein großer Teil ist noch nicht aufgetaucht, um den Rest prozessieren seit 13 Jahren der Marcos- Clan, die Regierung in Manila und 10.000 Opfer des Marcos-Regimes, die Entschädigung für damals begangene Menschenrechtsverletzungen fordern.

„Es ist alles unser persönliches Vermögen!“, beteuert die 69jährige in ihrer geräumigen Wohnung im 34. Stock des Pacific-Plaza- Hochhauses in Manilas Geschäftsviertel Makati. Noch immer ist sie eine gut erhaltene Dame, der man ihr Alter kaum ansieht. Sie erscheint in kurzem blauen Rock, mit gelben Pumps aus Schlangenleder, die Ohren mit schwerem Gold behängt. Ihr Appartment ist mit Antiquitäten, goldlackierten Möbeln, Gemälden Gauguins, Picassos, Pissaros und anderer Meister vollgestopft. All die Werke seien von treuen Geistern gerettet und in Manilas Slumviertel Tondo aufbewahrt worden, bis sie 1991 aus dem Exil zurückkam, berichtet sie. Millionen wolle sie an die Armen verteilen, wenn die Regierung nur aufhöre, sie „gnadenlos zu verfolgen“, sagt Imelda Marcos.

Wieviel Geld ihr 1989 verstorbener Mann Ferdinand Marcos ihr vermacht hat, wisse sie nicht und lächelt treuherzig: „Mein Verhältnis mit Marcos war romantisch und nicht ökonomisch.“ Dabei greift sie sich theatralisch ans Herz.

Erst kürzlich waren 280 Millionen Dollar aus der Schweiz auf ein Sperrkonto der philippinischen Nationalbank überwiesen worden. Sohn Ferdinand Junior mußte gestern vor Gericht über ein angebliches geheimes Abkommen zwischen der philippinischen Regierung und der Marcos-Familie aussagen, das von den Behörden bestritten wird: Danach wäre Manila bereit, alle Korruptionsvorwürfe gegen die Marcos–Familie fallenzulassen, wenn der Clan 75 Prozent des Vermögens an die Behörden abgibt. Jutta Lietsch