■ Vandana Shiva, Wissenschaftskritikerin, Ökofeministin, Trägerin des Alternativen Nobelpreises
: Die starke Stimme für Natur, Demokratie und Freiheit

„Patente auf Pflanzen sind eine Form von Piraterie, in der den Bäuerinnen der Dritten Welt das gemeinsame Erbe und seine Pflege durch multinationale Konzerne geraubt und entwertet wird.“ – Die indische Physikerin, Wissenschaftstheoretikerin und Ökofeministin Vandana Shiva (46) hat schon immer deutliche Worte gefunden, wenn es darum ging, ungerechte und zerstörerische Strukturen zu kritisieren, die sie vor allem auf das westliche patriarchale Denkmuster zurückführt.

Die promovierte Quantenphysikerin war in verschiedenen Umweltbewegungen aktiv, zum Beispiel in der nordindischen Chipko-Bewegung, einer Basisbewegung zum Schutz der Himalaya-Wälder. Für ihre Aktivitäten gegen die Umweltzerstörung erhielt sie 1993 den Alternativen Nobelpreis. Shiva ist Vizepäsidentin des Third-World-Network, eines weltweiten Zusammenschlusses von regierungsunabhängigen Organisationen und Direktorin der indischen „Research Foundation for Science, Technology and Ecology“.

Außerdem ist sie eine entschiedene Kritikerin der Gentechnologie. Die biotechnologische Revolution bezeichnet sie als dritte Kolonisierungswelle des Nordens nach der gewaltsamen Landnahme in Afrika, Asien und Lateinamerika und nach der „Grünen Revolution“, die als „Antiarmutsprogramm“ in den sechziger Jahren von den USA vorrangig in Asien initiiert wurde. Als Ökofeministin zieht sie Parallelen zwischen der Marginalisierung von Frauen und der Zerstörung der Artenvielfalt: Für das kapitalistische Patriarchat sei die Zerstörung der Diversität und die Schaffung von Monokulturen integraler Bestandteil einer Fortschrittslogik, die allein dem Wertesystem einer profitablen wirtschaftlichen Ausbeutung gehorcht. Frauen werden als das „zweite Geschlecht“ konstruiert, die, weil sie anders sind, als „ungleich“ und „minderwertig“ behandelt werden.

Den Rückgang der Artenvielfalt führt Vandana Shiva auf die ausschließlich profitorientierte Bewertung der Natur als Rohstoff zurück, bei der jedes Element des landwirtschaftlichen Ökosystems isoliert betrachtet und „die Erhaltung der Diversität als Rechenübung im Sammeln von Arten gesehen“ wird. Dem stellt Vandana Shiva die Erhaltung der Biodiversität insbesondere durch Frauen gegenüber, die einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Sie identifiziert die „Vielfalt“ als das Prinzip der Arbeit und des Wissens von Frauen, die zwischen „Sektoren“ arbeiten und verschiedenartige Aufgaben ausführen. Damit sind die Frauen in den meisten Kulturen die Hüterinnen der Biodiversität.

Der Schutz der Biodiversität und eine profitorientierte Nutzung lassen sich nach Shivas Ansicht kaum miteinander verbinden. Vielmehr stellen Patentierung und Gentechnik in ihren Augen einen Diebstahl dar: „Von den Drittweltproduzentinnen und -produzenten stehlen sie die Biodiversität. Von den Konsumentinnen und Konsumenten auf der ganzen Welt stehlen sie sichere und gesunde Nahrungsmittel.“