„Wenn die Politik nichts tut“

Krista meets Janne, Sarah & Co.: 23 GrundschülerInnen besuchen die Zweite Bürgermeisterin und fragen ihr Löcher in den Bauch  ■ Von Heike Dierbach

„Ich würde alle Autos kaputt machen und alle Nazis rausschmeißen!“Die neunjährige Janne weiß genau, was sie tun müßte, wenn sie Bürgermeisterin von Hamburg wär'. „Außerdem könnt' ich dann von meinem vielem Geld etwas abgeben.“Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Krista Sager ist entzückt von den Wahlprogrammen, die ihr der Nachwuchs am vergangenen Donnerstag im Rathaus überreicht hat. „Da kann ich ja vielleicht noch was lernen“, meint sie nonchalant.

Organisiert hat den Ausflug ins Rathaus Marion Scheppelmann, Grundschullehrerin an der Schule Kielortallee. Ihre vierte Klasse behandelt gerade das Thema Hamburg, und dazu gehört nun mal auch die Politik. Eigentlich hat die grüne Bürgermeisterin nur eine halbe Stunde Zeit für die Kleinen, die im holzgetäfelten Chambre des Rathauses sehr brav auf ihren Stühlen sitzen. Auf Karteikarten haben sich alle ein paar Fragen notiert: „Wollten Sie immer schon Bürgermeisterin werden?“will ein Steppke etwa wissen. „Mögen Sie Fußball?“fragt ein anderer. „Hatten Sie auch mal schlechte Noten?“

Krista Sager bemüht sich sichtlich, ihre Biographie zwischen Vietnam-Demos und dem Einmarsch der Sowjets in Prag in eine kindgerechte Sprache zu verpacken. Große staunende Kinderaugen lassen am Erfolg zweifeln. Auf Nachfrage stellt sich dann auch heraus, daß die SchülerInnen gar nicht wissen, was mit einem „Militärputsch“gemeint ist.

Auch konkrete Ergebnisse der Politik kommen zur Sprache. Ein Mädchen fragt sich, warum manche Schulhöfe schön, andere aber so häßlich sind. Die Zweite Bürgermeisterin nimmt Zuflucht zur üblich gewordenen Rhetorik der Politik: Sie gibt den SchülerInnen den Tip, ihren Schulhof doch auf eigene Faust zu verschönern, „wenn die Politik nichts tut“.

Lebhaft wird es erst beim Thema „Benachteiligung von Mädchen und Frauen“. Hier wissen die SchülerInnen erstaunlich gut Bescheid: „Frauen brauchen auch eine gute Ausbildung, damit sie Geld verdienen können“, meint ein Mädchen. Die Gleichstellungssenatorin nickt anerkennend. Fast schon wie eine Lehrerin.

Nach einer guten halben Stunde ist die Schule im Rathaus vorbei. Ernsthaft ging's die ganze Zeit zu, kein kindliches Juchzen, keine einzige Lachsalve. Sarah und Begoña hat es trotzdem gefallen, vor allem, „daß die Bürgermeisterin so klug ist“. Deswegen mögen sie sie jetzt auch lieber als „den Herrn Runde, weil den kennen wir ja nicht“. Später wollen die beiden auch einmal im Rathaus sitzen. Obwohl sich Sarah eine Bürgermeisterin ganz anders vorgestellt hatte: „Ich dachte, die wär blond, mit einem Zopf und einem langen roten Kleid.“