Nominalwert bezahlt

■ Historiker Frank Bajohr entkräftet fast alle Nazi-Vorwürfe gegen Wilhelm Koch

Wilhelm Koch war kein Nazi. Zumindest kein schlimmer. Zu diesem Schluß kommt der Historiker Frank Bajohr in seinem Gutachten, das er im Auftrag des FC St. Pauli erarbeitet hat. Demnach könne man dem ehemaligen Präsidenten zumindest nicht nachweisen, daß er aktiv in der NSDAP tätig war.

Der Hamburger Journalist René Martens hatte im Sommer des vergangenen Jahres in seiner Chronik des FC St. Pauli öffentlich gemacht, daß Koch im „Dritten Reich“Parteimitglied war und darüber hinaus den Präsidenten als möglichen Arisierungsgewinnler charakterisiert. Am 31. Oktober kam es auf der Jahreshauptversammlung zur Diskussion, ob das Stadion weiterhin den Namen Kochs tragen solle. Die Vereinsmitglieder forderten das Präsidium auf, diese Vorwürfe zu klären. Im Dezember wurde Bajohr dann mit der Erstellung des Gutachtens, zusammen mit dem Rechtsanwalt Hans Grutschus, beauftragt.

Aus den Quellen geht eindeutig hervor, daß Koch sich bei der Übernahme einer Firma von den jüdischen Eigentümern nicht bereichert hat. Zwar habe es „indirekt von der durch die politischen Verhältnisse motivierten Emigration der Eigentümer profitiert“. Allerdings bezahlten er und sein Kompagnon Hugo Scharff den „Nominalwert von jeweils 10.000 Goldmark und sicherten den Alteigentümern außerdem vertraglich einen jährlichen Gewinnanteil von jeweils 7,5 Prozent zu“. Weiterhin spricht für die Rechtmäßigkeit des Geschäftes, daß von seiten der Alteigentümer bzw. deren Verwandten nie ein Wiedergutmachungsantrag gestellt wurde.

Unzweifelhaft dagegen ist, daß Koch 1937 in die NSDAP eintrat. Allerdings war er in der Partei nie aktiv – soweit sich das aus der Quellenlage beurteilen läßt. So besteht seine Parteiakte lediglich aus einem Anmeldeformular und einer Karteikarte, auf der Name, Adresse und Mitgliedsnummer – 4058424 – eingetragen sind. Es steht somit zu vermuten, daß Koch in keiner weiteren Nazi-Organisation ein Amt inne hatte oder auch nur Mitglied war. Eberhard Spohd