„Ey Mann, ist doch voll cool Mann. Ey!“

■ 1.400 SchülerInnen heizten um den Werdersee, um Geld für den geplanten Sportgarten in der Pauliner Marsch zu sammeln

ars, du blinde Nuß, weißt Du jetzt, wo Du langfahren mußt?“„Jaja sicher. – Irgendwo da lang.“Wer weiß, ob der zärtliche, fürsorgliche Lehrer seinen Lars jemals wiedergesehen hat. Denn in Blickrichtung des ausgestreckten Lars'schen Daumens warteten allenfalls die dunklen Fluten der Weser darauf, Lars samt seiner topmodernen Ausrüstung – Sturzhelm, Gelenkschoner, Inline-Skater und Schirmmütze – auf den Grund zu ziehen. Was natürlich sehr bedauerlich wäre. Zumal, wenn er seinen Rennpaß, in dem seine Kilometerleistung dokumentiert war, nicht zuvor am Weserstrand abgelegt haben sollte. Denn der ist bares Geld wert für die Leute vom Sportgarten e.V., die Lars und 1399 andere Bremer SchülerInnen auf die Rennpiste geschickt haben.

Jeder Kilometer, ob per Fahrrad, Inlinern oder zu Fuß zurückgelegt, brachte die Mädchen und Jungen – die man, will man nicht sofort des Altersstarrsinn geziehen werden, nur „Kids“nennen durfte – ihrem Ziel „Sportgarten“in der Pauliner Marsch näher. Die Bagger sind schon angerollt, im September soll zunächst die Skaterhalle stehen.

Jedes Kid hatte in Eigenregie SponsorInnen aufgetrieben, die pro zurückgelegtem Kilometer eine Spende für das Sportgartenprojekt locker machten.

Selbst Micha, ein offensichtlicher Verächter aller Nahrungsmittel, die nicht mindestens obersüß, superfettig und megaungesund sind, schlich mit seiner Freundin Zina für die gute Sache mit hochroter Birne über den hellgrün markierten Pfad. 20 Mark pro Kilometer hatte ihm seine Mutter in Aussicht gestellt. Aber, so war ihm nach knapp 14 Metern durchlittener Strapazen klar, „mehr als 40 Mark schaff' ich nicht. Ist mir viel zu matschig hier.“

Der 13jährige Thomas war über den eigentlichen Zweck seiner Beinarbeit nicht informiert. „Ey Mann, ist doch voll cool, Mann. Ey!“, lautete seine unmißverständliche Antwort auf die Frage, warum er überhaupt um den Werdersee renne. Einen Sponsor hatte er da erst gar nicht organisiert – „Was soll'n das?“– , sondern frönte mit seiner Teilnahme lieber dem olympischen Motto „Ey Mann, Hauptsache ich bin dabei, Mann“.

David, Nils und Guido hingegen sprudelten über vor guten Taten. Nicht nur, daß die Siebtklässler der Gesamtschule Mitte an der Seite von Werder-Manager Willi Lemke acht Kilometer in weniger als einer Stunde zurückgelegt hatten. Kaum ausgetrudelt, griffen sie sich gleich einen Stapel Flugblätter, mit dem sie für eine Demo am 8. Mai gegen die drohende Abschiebung des Bruders von Ibrahim nach Togo warben.

Mit dem „supernetten Herrn Lemke“hatten sie unterwegs zudem über dessen Marathonabenteuer in New York und anderswo geredet. Und selbstverständlich über die Zukunft von Werder Bremen gefachsimpelt. Ein Stürmer muß her, da war man sich sofort einig. In einem internationalen Wettbewerb würde man sich schon gerne tummeln. Und daß die Schalker am Abend zuvor gegen Köln gewonnen hatten, war wegen der Konkurrenz um die begehrten UEFA-Cupplätze nicht im Sinne der Joggergemeinschaft.

Ob der Herr Lemke denn auch einen Sponsor hatte, wußten die drei allerdings nicht zu erzählen. „Der kriegt, glaube ich, 300 Mark von der Sparkasse“, grübelte David. zott