Wissenschaftlerinnen in Wartestellung

■ Im Bundesvergleich liegt Bremen mit seinem Anteil an weiblichem wissenschaftlichem Personal ganz hinten / Doch die Zahlen sind zu pauschal, wird argumentiert / Vor allem an technischen Hochschulen scheint Frauenförderung noch immer ein Fremdwort zu sein

Bremen ist im Ländervergleich Schlußlicht, was den Anteil von Frauen am wissenschaftlichen Personal betrifft. Das zumindest war die These der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Ulrike Schreiber, als sie im Februar eine Kleine Anfrage an den Senat richtete, um zu überprüfen, ob der Eindruck stimmt und worin die Gründe dafür liegen könnten.

Tatsächlich, räumte der Senat nun ein, die Statistik sagt: Bremen liegt mit schlappen 22,52 Prozent an vorletzter Stelle beim Frauenanteil am wissenschaftlichen Personal, nur noch unterboten von Baden-Württemberg mit 22,36 Prozent. Spitzenreiter Brandenburg bringt es immerhin auf 33,07 Prozent. Die Zahlen sind aus dem Jahr 1995 und damit das aktuellste, was das Statistische Bundesamt zu bieten hat. Die CDU-Anfragenstellerin findet das für Bremen „peinlich“. Warum Bremen so schlecht abschneidet? „Frauenförderung ist einfach von den Hochschulen vernachlässigt worden“, so Schreiber.

Sabine Görges-Dey von der „Zentralen Kommission für Frauenfragen“an der Uni Bremen widerspricht – die bloßen Zahlen sind ihr zu pauschal. „Die Zahlengrundlage stimmt nicht“, meint sie. „Wenn in allen Ländern die weiblichen studentischen Hilfskräfte in die Statistik eingerechnet würden, läge Bremen nicht an vorletzter Stelle.“Denn in Bremen würden die Hilfskräfte, traditionell mit großem Frauenanteil, nicht miteinbezogen.

Die länderunterschiedliche Definition von „wissenschaftlichem Personal“allein scheint nicht der einzige Grund zu sein, warum Bremen so schlecht abschneidet. Der große und größer werdende Anteil an technischen Hochschülern in Bremen, traditionell männerdominiert, tut sein übriges. Zwar ist an der Universität viel in Sachen Frauenförderung getan worden, seitdem Anfang der 90er Jahre die „Zentrale Kommission für Frauenfragen“, wie im Bremischen Hochschulgesetz gefordert, eingerichtet wurde. Doch an den technischen Hochschulen wurden oft nicht einmal die gesetzlich geforderten Instrumente geschaffen, um mehr Frauen in die Wissenschaft zu locken.

So gibt es Kommissionen für Frauenfragen nicht an jeder Bremer Hochschule. Feste Stellen für die Frauenbeauftragte gehören längst noch nicht zur Selbstverständlichkeit, und auch Frauenförderpläne oder Richtlinien zur Förderung von Frauen sind in der Wissenschaftsbürokratie oft noch ein Fremdwort. Eine Koppelung von Mittelzuweisungen an den Erfolg von Frauenförderung ist Zukunftsmusik.

In Zukunft sollen die Hochschulen in vielen Bereichen eigenständiger entscheiden können. „Mehr Autonomie birgt aber auch große Risiken in sich“erklärte Franziska Jansen als Vertreterin der Frauenbeauftragten der Uni Bremen vor kurzem auf einer Podiumsdiskussion. Die Befürchtung: Wenn schon heute wenige Hochschulen die vorgegebenen Bestimmungen befolgen, was passiert dann erst, wenn es keine verbindlichen Gesetze mehr gibt? Noch im Mai wollen Frauenförderinnen eigene Vorstellungen eines zukünftigen Bremischen Hochschulgesetzes präsentieren.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen in der Bürgerschaft, Maria Spieker, legte nun nach: Letzte Woche reichte sie eine neue Kleine Anfrage zum gleichen Thema ein, die der Senat nun beantworten muß. „Vieles blieb sehr vage, die Antworten griffen zu kurz“, begründete sie ihre Initiative. Daß nun nachgesetzt wird, findet auch die CDU-Initiatorin der ersten Anfrage gut – „um das Ding am Kochen zu halten“. Detailliert fragt Spieker, inwieweit die Hochschulen im Lande Bremen ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Frauenförderung nachgekommen sind.

Am Dienstag hat sie zudem die Hochschul-Rektoren in den Ausschuß „Förderung der Gleichberechtigung der Frau“eingeladen, dem sie vorsitzt – zur Berichterstattung. Ob da Überzeugungsarbeit ausreicht, um eine Trendwende herbeizuführen? „Da gebe ich mich keiner Illusion hin“, so Spieker: „Die Hochschulen machen das nicht freiwillig“. Christoph Dowe