■ Die Anderen
: "Liberation" (Paris) kommentiert den Auftritt von Staatspräsident Jacques Chirac beim Euro-Sondergipfel / "El Mundo" (Madrid) sieht dunkle Wolken über den Euro / "De Telegraaf" (Amsterdam) schreibt zum gleichen Thema

„Liberation“ (Paris) kommentiert den Auftritt von Staatspräsident Jacques Chirac beim Euro-Sondergipfel in Brüssel: Der Präsident gab in der Nacht zum Sonntag ein trauriges Bild ab. Er verhielt sich am Ende des Brüsseler Marathons wie ein römischer Häuptling, der nach einem heldenhaften Feldzug seine Trophäen schwenkte. Doch der Feldzug war nicht ruhmreich, und die Trophäen könnten sich als kurzlebig erweisen. Mußte man wirklich das Risiko eingehen, ,für Trichet zu sterben‘? Mußte man Wim Duisenberg beleidigen und ihn im reinsten Stil Moskauer Prozesse zu einem ,Geständnis‘ nötigen, daß er sich schließlich nur in der Lage sah, ein halbes Mandat an der Spitze der Europäischen Zentralbank zu schaffen? Muß man dem deutsch-französischen Bündnis einen solchen Schlag versetzen und sowohl allen deutschen Euro-Skeptikern Munition liefern als auch dem Hauptgegner von Helmut Kohl, dem Sozialdemokraten Gerhard Schröder? Auch wenn sich Helmut Kohl im ,Krieg um die Europäische Zentralbank‘ wahrhaft nicht in bester Form gezeigt hat, scheint es wohl so, daß Chirac in dieser Angelegenheit nationale Interessen und nationalistische Selbstgefälligkeit durcheinandergebracht hat.

„El Mundo“ (Madrid) sieht dunkle Wolken über dem Euro: Der Euro soll ein Symbol der Einheit Euros sein, aber der Streit zwischen Berlin und Paris wirft dunkle Schatten auf die gemeinsame Währung. Der Zank offenbarte, daß Einzelinteressen den Vorrang vor europäischen Interessen hatten. Kohl selbst sagte unverhohlen, daß es ihm um die Belange der Deutschen ging. Die Unabhängigkeit der EU-Superbank ist gleich nach ihrer Geburt in Frage gestellt. Die beiden Supermächte der EU versuchen, die Zentralbank zu kontrollieren. Schließlich kratzt der peinliche Streit auch an der Glaubwürdigkeit der europäischen Institutionen.

„De Telegraaf“ (Amsterdam) schreibt zum gleichen Thema: Was ein schönes Fest hätte werden müssen, endete mit einem kräftigen Kater. Die Amtszeit (des Präsidenten der EZB) war nicht ohne Grund auf acht Jahre festgelegt worden. So konnte die Kontinuität der Bankpolitik gesichert werden. Das ist durch die zeitlich begrenzte Ernennung von Duisenberg fraglich geworden. (Der niederländische) Premier Kok und (Finanz-)Minister Zalm taten nach dem Ende der Konferenz, als ob sie einen großen Sieg errungen hätten. Eine schamlose Darbietung nach all ihren Versprechungen, die Amtszeit werde nicht aufgeteilt. Indem sie schon vor dem EU-Gipfel davon abrückten, haben sie den Weg für dieses betrübliche Ergebnis freigemacht. Das war weder im Interesse Europas noch der Niederlande und ist deshalb sehr zu bedauern.