Auf den Finanzmärkten ist der Euro beliebt

■ Vor allem in Deutschland kritisieren Opposition und Wirtschaftswissenschaftler den Kompromiß um den europäischen Zentralbank-Vorsitz vehement: Die Glaubwürdigkeit des Euro sei beschädigt. Doch di

Berlin/Bonn (taz/dpa/AP) – Der Kompromiß um die Präsidentschaft der europäischen Zentralbank (EZB) hat vor allem in Deutschland einige Sorgen ausgelöst. Allerdings vorwiegend bei denen, die sich eher theoretisch mit Währungsfragen beschäftigen, also Politikern und Wirtschaftswissenschaftlern – etwa dem „Wirtschaftsweisen“ Rolf Peffekoven. Das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage sieht die Glaubwürdigkeit des Euro ernsthaft beschädigt. Die Anleger dagegen ließ das Gezerre in Brüssel völlig kalt.

Die befürchteten Angriffe von Spekulanten auf die D-Mark blieben aus, und wer auf Schweizer Franken, auf US-Dollar oder auf das britische Pfund als Fluchtwährung gesetzt hatte, mußte sogar leichte Verluste hinnehmen. Auch die Aktien legten kräftig zu – der Dax stieg binnen wenigen Stunden um vier Prozent. Der Euro, glauben die professionellen Anleger, werde mittelfristig zu höheren Aktienkursen führen.

Die SPD hingegen sprach von einem „absolut faulen Kompromiß“. Wenn der von allen Euro- Ländern außer Frankreich favorisierte Wim Duisenberg nur vier statt acht Jahre Chef der neuen Zentralbank werden dürfe, dann sei das „eine Fehlentscheidung aus politischen Gründen“, so Fraktionschef Rudolf Scharping. Die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier befürchtet, der Kompromiß hinterlasse einen „verheerenden psychologischen Eindruck“, weil die Skepsis der Bevölkerung noch verstärkt werde. Die Sozialdemokraten beantragten gestern hierzu eine aktuelle Stunde im Bundestag.

Der bayerische Finanzminister Erwin Huber äußerte hingegen Verständnis. Ein Scheitern des Euro-Starts wäre schließlich noch schlimmer gewesen. Nicht nur CSU und der Bundespräsident stellten sich hinter den Kanzler. Sogar den Internationalen Währungsfonds hat Kohl hinter sich: Dessen französischer Chef Michel Camdessus sieht die Glaubwürdigkeit der Europäischen Zentralbank durch die Teilung der Amtszeit ihres ersten Präsidenten keineswegs gefährdet.

In Frankreich warf sich Präsident Jacques Chirac vor der Fernsehnation in die Siegerpose. Und sein Finanzminister Dominique Strauss-Kahn jubelte: „Das Ergebnis gewährt die Stabilität nicht nur für acht, sondern für zwölf Jahre.“ Denn der französische Kandidat für den Vorsitz der europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, ist zwar erst mal nicht Mitglied des EZB-Direktoriums. Doch in vier Jahren, wenn Wim Duisenberg ganz freiwillig zurücktreten muß, tritt er dann eine volle, das heißt achtjährige Amtszeit an. lieb