Kein Mittel gegen Brustkrebs

Früherkennung bleibt das wichtigste Mittel im Kampf gegen Brustkrebs. Deutsche Krebshilfe läßt nach neuen Therapien forschen. Vorsorge soll vorbelasteten Frauen helfen  ■ Von Michaela Eck

An keinem anderen Krebs erkanken Frauen mit einer solchen Häufigkeit wie an Brustkrebs: Rund 43.000 Frauen werden allein in diesem Jahr in Deutschland am Mammakarzinom erkranken, mehr als 18.000 von ihnen werden daran sterben, so die Prognosen des Robert-Koch-Instituts in Berlin. Auf allen Symposien zu Brustkrebs sind sich auch alle ExpertInnen einig: Das einzige Mittel im Kampf gegen den Brustkrebs ist die Früherkennung.

Als Hochrisikogruppe gelten all die Frauen, die erblich vorbelastet sind, deren Großmutter, Mutter, Tante oder Schwester an Brustkrebs erkrankt sind. Allerdings handelt es sich meist in diesen Familien jedoch nur um eine zufällige Häufung von Brustkrebs. Ursache für ein erhöhtes Brustkrebsrisiko in den Familien kann aber auch ein verändertes Brustkrebsgen sein, welches vererbt werden kann.

Mit Blick auf diese Hochrisikogruppe hat die Deutsche Krebshilfe eine Studie gestartet, für drei Jahre 10 Millionen Mark zur Verfügung gestellt und in zehn bundesdeutschen Städten sogenannte Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs eingerichtet: Anlaufstellen für die Frauen, die Fragen und Probleme mit Brust- oder Eierstockkrebs haben. Dort werden die Frauen nicht nur beraten, sondern auch medizinisch, psychologisch und molekulargenetisch betreut.

Seit vergangenen Mai gibt es auch in Berlin ein solches Zentrum. Auch hier wird – jedoch nur nach intensiver Beratung – ein Gentest angeboten. „Wir wollen wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Frau, die ein solch verändertes Brustkrebsgen hat, auch an Brustkrebs erkrankt“, sagt Denise Horn, Humangenetikerin am Rudolf-Virchow-Klinikum und am Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin in Berlin. Denn noch gebe es nur Zahlen aus den USA, die allerdings wiesen mit einem lebenslangen Risiko von 60 bis 80 Prozent eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit auf. Diese statistische Größe sage aber noch nichts darüber aus, so Denise Horn, ob eine Frau mit einem defekten Brustkrebsgen tatsächlich an Brustkrebs erkrankt.

Sicherheit böten solchen Prognosen nicht, da sie häufig vom individuellen Schicksal abwichen, kritisieren die Gegnerinnen des Gentests. Schlimmstenfalls kann das Wissen um die Gefahr zu einem lebenslangen Trauma werden. Bisher kenne man lediglich zwei Brustkrebsgene, BRCA1 und BRCA2, die jeder Mensch habe, und die, wenn sie defekt seien, Brustkrebs auslösen können. Wieviele solcher Gene noch unerkannt auf der DNA schlummern, sei noch nicht erforscht, räumt Humangenetikerin Horn ein. Zwischen der Blutentnahme und dem Testergebnis liegt fast ein dreiviertel Jahr. Für die Frauen eine Zerreißprobe zwischen Warten, Angst und Hoffen, die sie ohne psychologische Hilfe oft nicht aushalten. Gerade wegen dieser Ambivalenz, betont Elvira Claßen vom Berliner Zentrum für Brust - und Eierstockkrebs, wird ein Gentest nur nach einer ausführlichen Familienanamnese gemacht, in der geklärt wird, ob die Frau zu einer der sechs Risikogruppen gehört. Dieser Gentest, für den man in privaten Labors rund 7.000 Mark bezahlt, wird im Rahmen dieser Studie kostenlos angeboten. Liegt ein Gendefekt vor, wird das individuelle Risiko der Patientin, an Brustkrebs zu erkranken, eingeschätzt und mit einem engmaschigen Früherkennungsprogramm begleitet. Die Krankenkassen bezahlen den Gentest bisher nicht.

Ein Mittel gegen das Mammakarzinom ist noch nicht gefunden worden. Auch die prophylaktische Einnahme von Hormonpräparaten wie Tamoxifen ist keine wirkliche Alternative. In Deutschland ist das Anti-Östrogen unter dem Namen Nolvadex bekannt. Nach den Erfahrungen einer US-amerikanischen Studie hat das Mittel aber extreme Nebenwirkungen. Unter den 6.500 amerikanischen Studienteilnehmerinnen, die Tamoxifen schluckten, verdreifachte sich die Zahl der Lungenembolien, die Thrombose in den Beinen stieg um 50 Prozent und 33 Frauen sind an Krebs der Gebärmutterschleimhaut erkrankt.

Der einzige Grundsatz für eine Therapie ist die Früherkennung, bestätigen die MedizinerInnen. Erkranke eine Frau am Mammakarzinom, hänge der Erfolg der Behandlung vor allem davon ab, wie groß der Tumor sei, und ob Lymphknoten befallen seien, so Fritz Jänicke von der Universität Hamburg. Wenn keine Lymphknoten befallen seien, könnten zwei Drittel aller Fälle geheilt werden. „Bei allem, was deutlich unter einem Zentimeter ist, sind die Heilungschancen am besten“, so die Experten.