Schnelles Ende einer Koalitionsfarce

■ Viel Wirbel um abstrusen Vorschlag des CDU-Generalsekretärs

Das gibt es nur in Berlin: Ein abstruser Vorschlag und drei Presseerklärungen genügen, um eine Koalitionskrise heraufzubeschwören, die sich bei näherer Betrachtung jedoch als Farce erweist. Volker Liepelt, der Generalsekretär der Regierungspartei CDU, hatte ein Volksbegehren vorgeschlagen, falls mit dem Koalitionspartner SPD keine Einigung zur Senkung der Fehlbelegungsabgabe erzielt werden könne. Ein unorthodoxer Vorschlag, noch dazu verfassungswidrig, da Volksbegehren zu Haushaltsfragen nicht zulässig sind.

Doch um die Senkung der Fehlbelegungsabgabe, die auch Normalverdienern den Einzug in Sozialwohnungen schmackhaft machen soll, ging es nicht wirklich. In der Sache sind CDU und SPD nicht weit entfernt, können sich aber seit einem Jahr nicht einigen.

„Wenn man das Heft in der Hand halten will, muß man auch mal überziehen“, kommentierte die CDU-Abgeordnete Ursula Birghan gestern Liepelts Vorstoß. Und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky räumte lächelnd ein: „Das war ein bißchen Wahlkampfgeplänkel“, und riet allen Beteiligten zu „mehr Gelassenheit“.

Doch für die SPD reihte sich Liepelts Attacke in eine Kette von Provokationen des Koalitionspartners ein. Darunter gehört auch der populistische Vorschlag, mit einem 400-Millionen-Programm Arbeitsplätze zu schaffen und dafür zusätzliche Kredite aufzunehmen.

Da war es zumindest gestern mit der „Engelsgeduld“ (Böger über Böger) vorbei. Der SPD-Fraktionschef haute bei einer kurzfristig einberufenen SPD-Pressekonferenz auf den Tisch und drohte: „Wenn Liepelt ein Volksbegehren will, ist die Koalition am Ende.“ Es sei „infam“, der SPD Untätigkeit zu unterstellen. Seit Januar läge ein SPD-Beschluß vor. Bereits im März habe SPD-Parteichef Detlef Dzembritzki den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) schriftlich gebeten, einen Koalitionsausschuß zur Fehlbelegungsabgabe einzuberufen. Dzembritzki erklärte: „Ich gehe davon aus, daß Liepelt ein Stückchen zurückgeholt wird.“

Doch das war längst geschehen. Denn der Regierende Bürgermeister hatte bereits in der Senatssitzung am morgen erklärt, daß ein Volksbegehren nicht weiterhelfe. Damit war die Sache vom Tisch.

So soll es auf der heutigen Sitzung des Koalitionsausschusses um Sachprobleme gehen. Die SPD will nicht nur über die Fehlbelegungsabgabe sprechen, sondern auch darauf pochen, daß der Senat bis Ende Juni den Haushalt 1999 beschließt. Zudem soll sich die CDU für die flächendeckende Einführung des von Arbeitssenatorin Bergmann vorgeschlagenen Programms „Arbeit statt Stütze“ aussprechen. Dorothee Winden