Der Euro – ein anderer Name für die Deutsche Mark?

■ Die französische Regierung hat maßgeblich für das Zustandekommen der Währungsunion gesorgt. Jetzt aber findet sich die Grande Nation nicht wieder in der Währungsunion à la Waigel

Die Europäische Währungsunion, so hat es den Anschein, ist im wesentlichen eine deutsche Angelegenheit: mit den Stabilitätspakten von Finanzminister Waigel, einer strikt eingehaltene Defizitgrenze von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und einer Europäischen Zentralbank, die ein genaues Ebenbild der Bundesbank ist. Und selbstverständlich sollte den Chefsessel der deutsche Wunschkandidat einnehmen, der niederländische Stabilitätshardliner Wim Duisenberg.

Die Währungsunion – ein deutsches Gebilde. Der Euro – lediglich ein anderer Name für die Deutsche Mark. Der französische Präsident Jacques Chirac stand am Wochenende in Brüssel mit dem Rücken zur Wand und konnte nur noch mit letzter Kraft durchsetzen, daß ein Franzose, Jean-Claude Trichet, irgendwann um 2002 oder 2003 herum Zentralbankchef wird. Vergessen war, daß es doch die Grande Nation gewesen war, die maßgeblich für das Zustandekommen der Europäischen Währungsunion gesorgt hatte.

Denn Europakanzler Kohl war ein Zauderer. Die Währungsunion, hatte es östlich des Rheins immer geheißen, könne allenfalls am Ende eines politischen und wirtschaftlichen Einigungsprozesses stehen. Viel zu groß schienen den Deutschen sonst die Risiken für die Stabilität der Europa-Währung. Zwar wurde schon 1987 das Ziel Währungsunion in den EG- Vertrag geschrieben, aber einen genauen Zeitplan dafür gab es wohlweislich nicht.

Kohl-Freund François Mitterrand aber drängelte. Sein Ziel: die Herrschaft der Bundesbank über die gesamte europäische Wirtschaftspolitik zu brechen. Sein Motiv: die Erfahrung, die er als neu gewählter Präsident 1981 mit dieser Hegemonie machen mußte. Damals, zwei Jahre nach Gründung des Europäischen Währungssystems (EWS), versuchte die sozialistisch-kommunistische Koalition die Nachfrage anzukurbeln und so Beschäftigung zu schaffen unter Hinnahme einer höheren Inflation. Die Bundesbank aber verfolgte in dieser Zeit eine strikte Hochzinspolitik. Folglich wanderte das Kapital aus Frankreich ab, die französische Zentralbank mußte ebenfalls die Zinsen erhöhen, um den Kapitalabfluß und die damit einhergehende Währungsabwertung zu verhindern. Die hohen Zinsen aber machten der französischen Konjunktur und damit auch der angestrebten höheren Beschäftigung den Garaus.

Mitterrands Schlußfolgerung: Nur mit einer gemeinsamen europäischen Währung und gemeinsam festgelegten Zinsen ergibt sich der Spielraum für konsequente Beschäftigungspolitik. Seine Chance erblickte der französische Präsident 1989. Mit der Maueröffnung und dem deutschen Wunsch nach Vereinigung hatte er auf einmal das passende Druckmittel.

Vielen europäischen Regierungen war der Zusammenschluß von 80 Millionen Deutschen zu einem gemeinsamen Staat suspekt. Mitterrand aber ließ sich als Verbündeter gewinnen – zum Preis der Währungsunion, mit der Deutschland fester denn je in Europa eingebunden werden sollte. Im Dezember 1989 stimmte die deutsche Regierung zu, eine Regierungskonferenz zur Schaffung der Währungsunion einzusetzen. Im Dezember 1991 wurde das Ende der Mark im Vertrag von Maastricht besiegelt. Nicola Liebert