Ein Herz für Götter

■ Ein bißchen Grusel, ein bißchen Busen: Cradle Of Filth bei Gods of Darkness II

Für Cradle Of Filth steckt der Teufel nicht im Detail, sondern in der Frau. Seit über acht Jahren kreieren Englands erfolgreichste Black-Metaller eine hymnenhafte Horrorwelt, die einer Aneinanderreihung von düster-erotischen Anekdoten mit hohem Frauenanteil gleicht. Lüsterne Teufel geifern nach männlichen Körpern, um ihnen mit langen Fingernägeln ein Pentagramm in die Brust zu ritzen. Cradle Of Filth bewegen sich mit ihrem Pleasure & Pain-Entertainment auf sicherem Terrain. Hier ein bißchen Grusel, dort ein wenig Busen, das ganze garniert mit einem Schuß Okkultismus für Fußgänger. Niemand wird geistig überfordert, und richtig böse aufs Christentum ist hier eh' keiner mehr.

Der wahre Zorn entlädt sich höchstens auf die eigenen Genrekollegen. Die neiden den absatzstarken Briten ihren Erfolg und bezeichnen die Band durch die Bank weg als „untrue“. Kommerz sucks und schafft Weicheier, und die sind im Black Metal mindestens genauso verpönt wie ein offenes Bekenntnis zu Weihnachten. Cradle Of Filth ficht das nicht an, sie sehen sich eher einer langen, landeseigenen Schauertradition verpflichtet. Lord Byron, Bram Stoker und selbst der Sexualmagier himself, Aleister Crowley, sie alle sollen bei den Songs der geschminkten Ockult-Onkel Pate gestanden haben.

Für soviel konstruierte Rückendeckung hat eine richtige Männerband wie Gorgoroth nur ein mildes Lächeln übrig. Daß das norwegische Quintett überhaupt mit den trivialen Schwarzromantikern von Cradle Of Filth auf Tournee geht, hat in Fankreisen für einige Verwirrung gesorgt. Immerhin gehört die Band zum unnachgiebigsten, was sich je in Sachen Blasphemie im Popgeschäft offenbart hat.

Gorgoroth glauben ausschließlich an die Symbiose von Black Metal und Satanismus. Punkt, aus! Insofern macht es Sinn, daß vor diesen beiden konträren Gruppen mit Einherjer und Old Man's Child zwei vergleichsweise rührige Acts als Vorarbeiter gebucht wurden. Armageddon wird also noch einmal verschoben.

Oliver Rohlf Fr, 8. Mai, Markthalle, 20 Uhr