Auf du und du mit dem Kontraktwesen in der Kultur
: Buchhalterische Observierung der Kulturszene

■ „Dann stellen wir den Betrieb ein“: Viele SprecherInnen von Einrichtungen sind empört über das Muster fürs Management

Ganz schön wütende Kommentare kriegt zu hören, wer sich in diesen Tage nach den Verhandlungen um die künftigen Verträge für Bremens Kultur erkundigt. Kurz und knapp das Statement von Wolfgang Schulz, Geschäftsführer im Bürgerzentrum Neue Vahr: „Wenn die sich mit ihren Vertragsentwürfen durchsetzen, stellen wir den Betrieb des Hauses ein.“ Dabei sollte doch eigentlich alles besser, autonomer, sicherer werden, durch das, was sich im Gefolge der McKinsey-Untersuchungen unter dem Stichwort „Kontraktmanagement“ für die Bremer Kulturszene ankündigte.

Nicht mehr vom Wohl und Wehe undurchsichtiger Senatsentscheidungen sollten Bremens Kultureinrichtungen ab Januar abhängen. Denn vom Neuen Museum Weserburg bis zum Kultur- und Bildungszentrum Ostertor (KUBO) wird dann jede Einrichtung ihren ordentlichen Zuwendungsvertrag bekommen: Mit klaren Angaben darüber, wieviel Geld es gibt und für welche Aufgaben. Dafür hat die Kulturverwaltung nun einen ersten Mustervertrag vorgelegt und diskutiert darüber in dieser Woche Tag für Tag mit Bremens Kulturschaffenden. Diese aber sind über den vorgelegten Einheitsvertrags-Entwurf gelinde gesagt empört.

Was ihm da am Montag von der Planungsgruppe des Kulturressorts vorgelegt worden sei, so Ralf Knapp vom Jungen Theater, sei noch völlig unausgegoren: „Wenn man konkrete Fragen anspricht – Planungssicherheit beispielsweise oder Maßstäbe, wie Qualität zu messen sei –, dann piekst man in einen Wattebausch, der ständig zurückweicht.“

Der Vertragsentwurf, der derzeit vorliegt, geht davon aus, daß es keine rechtlichen Grundlagen für Verträge gibt, die über ein Jahr hinausgehen; außerdem schreibt er vierteljährliche „Controllingberichte“ an die Behörden vor und will selbst erwirtschaftete „Rücklagen“ auf die nächste Ratenzahlung anrechnen.

Selbst dem Geiste des McKinsey-Gutachtens widerspreche das diametral, findet Anselm Züghart vom Kulturzentrum Lagerhaus, der sich heute mit der Planungsgruppe darüber streiten muß: „Der eigentliche Skandal ist, daß einerseits das Goethe-Theater um 500.000 Mark aufgestockt wird und andererseits die Vertragswerke für Bremens Soziokultur sich nicht die Bohne um mittelfristige Planungen kümmern“.

Dem Versprechen einer größeren „Autonomie“, so schlägt Detlef Roth vom KUBO in die gleiche Kerbe, trage dieser Kontrakt nirgendwo Rechnung: „Jeder wäre doch doof, wenn er unter solchen Umständen Rücklagen bildet.“ Und daß die Kontrollberichte nun von einem auf vier pro Jahr erhöht werden sollen, hält Wolfgang Schulz vom Bürgerzentrum in der Vahr für reine Schikane: „Die tun ja so, als hätten wir seit Jahren verbrecherisch gewirtschaftet“. In dieser buchhalterischen Observierung der Kulturszene zeige sich das Interesse der Verwaltung, vom Theater bis hin zum Malkurs alles gleichzumachen. „Das heißt Fliegenbeine zählen“, so Hanne Zech vom Museum Weserburg.

Helga Trüpel von den Grünen, die als Parlamentarierin in der Kulturdeputation sitzt, schlägt denn auch vor, den Vertragsentwurf, der aus dem Hause des Finanzsenators stammen soll, noch einmal gründlich zu überarbeiten. Vor allem müsse er vielfältiger werden. „Es geht doch nicht, daß es für alle den gleichen Vertrag gibt.“ Vierteljährliche Kontrollberichte seien für die kleinen Einrichtungen schon personell gar nicht machbar. Die jährliche Haushaltshoheit der Bürgerschaft will sie sich hingegen nicht nehmen lassen. Dem aber widerspreche gar nicht, daß über „Verpflichtungsermächtigungen“ trotzdem drei- bis vierjährige Verträge zwischen dem Kulturressort und den Vereinen geschlossen werden können. ritz