„Spätes Recht ist halbes Recht“ – das Beschleunigte Verfahren

Als Ende 1994 die sogenannten Verbrechensbekämpfungsgesetze verabschiedet wurden, wurde das „Beschleunigte Verfahren“ zum Regelverfahren aufgewertet. Bei einfach gelagerten Fällen, in denen nicht mehr als ein Jahr Haft droht, die Angeklagten geständig und die Zeugen ausschließlich Staatsdiener sind, sollten von nun an Schnellverfahren durchgeführt werden. „Spätes Recht ist halbes Recht“, argumentierte der innenpolitische Sprecher der Unionsparteien, Erwin Marschewski, damals und wischte alle Bedenken gegen diesen „kurzen Prozeß“ vom Tisch.

Insbesondere der Deutsche Anwaltsverein kritisierte die eingeschränkten Beweisantragsrechte als „beispiellose Regelung in der deutschen Justizgeschichte“. Hatte bislang das Gericht „von Amts wegen die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind“, wurde dieser Grundsatz nun für das Beschleunigte Verfahren aufgehoben.

Da in der Praxis aber alle Sitzungssäle ausgebucht, die Geschäftsstellen der Amtsgerichte überlastet sind und Ankläger wie Richter kaum noch Sonderschichten einlegen können, waren 1996 nur 2,4 Prozent aller von den Amtsgerichten abgeschlossenen Verfahren solch „kurze Prozesse“. Innenminister Manfred Kanther reagierte empört und versuchte die Wirksamkeit des Beschleunigten Verfahrens mit der im Juni 1997 vom Bundesrat beschlossenen Einführung der Hauptverhandlungshaft zu verbessern.

Wenn ein Beschleunigtes Verfahren wahrscheinlich ist und zu befürchten ist, daß der Festgenommene der Hauptverhandlung fernbleiben wird, dann sind die vorläufige Festnahme eines auf frischer Tat Ertappten und Haft bis zu einer Woche zulässig. Das muß kein Haftrichter beschließen. Der Richter des Beschleunigten Verfahrens entscheidet darüber. BSI