■ Vorschlag
: Lustige Grabschänder: Guitar Wolf aus Japan hobeln im Eimer

Kann man heute noch einen Refrain ganz ernsthaft mit „Oh yeah, oh yeah, oh yeah“ bestreiten? Darf sich eine Band tatsächlich von oben bis unten in schwarzes Leder kleiden, noch nächtens Sonnenbrillen tragen und die Haartollen toller einölen als eine Dose Sardinen? Sollte man endgültig durchgeschmorte Verstärker nicht besser ausrangieren? Ist es gesund, sich die Stimmbänder mit einem rostigen Fuchsschwanz durchsägen zu lassen?

Antworten bekommt man von Guitar Wolf nicht. Aber dafür einen großen ekligen Haufen Rock 'n' Roll von einer Sorte, die man längst ausgestorben wähnte. Die Sorte, die von Menschen gespielt wird, die glauben, Link Wray hätte damals in den Fuffzigern ganz absichtlich so abgefuckt geklungen, und die dabei ganz bewußt verdrängen, daß dem nicht so wäre, hätte er sich nur ein vernünftiges Studio leisten können. Guitar Wolf beuten weiter jenes Mißverständnis aus, das eine uralte Ästhetik nicht nur in die Gegenwart weiterverlängert, sondern auch noch gleich das Knacken und Rauschen in Jahrzehnten abgenudelter Vinylplatten als typische Soundcharakteristika jener mit integriert.

Guitar Wolf sind weniger vorsichtige Historiker als vielmehr lustige Grabschänder. Wo man hobelt, fallen halt auch Späne. Wobei Guitar Wolf sich und ihre Musik und die Vergangenheit, auf der sie gründet, durch und durch ernst nehmen und sich kein bißchen als Karikatur verstehen. So amüsiert sich ihr Publikum zwar immer genauso köstlich wie die Band, allerdings aus völlig anderen Gründen.

Das alles wäre nur halb so lustig, kämen Guitar Wolf nicht aus Japan. Der Effekt ähnelt ungefähr dem Witz in „Mystery Train“, wenn das japanische Pärchen in Memphis auf den Spuren des Rock 'n' Roll wandelt. Ähnlich naiv und eben nur in unseren Augen ein wenig lächerlich ist auch der Zugang von Guitar Wolf. Ach ja. Es fehlen ja noch die Antworten auf unsere Preisfragen: Offensichtlich. Die hier schon. Ist im Normalfall schon besser, muß aber nicht immer sein. Nein, aber hört sich klasse an. Thomas Winkler

9.5., 23 Uhr, Eimer, Rosenthaler Str. 68, Mitte