Die Söhne der Gitarre

■ Guitar Wolf & Sods diesen Dienstag im Römer

Japaner sind dafür bekannt, daß sie sich auf engstem Raum persönliche Fluchtwelten aller Art errichten und darin mit totaler Hingabe aufgehen. Otakus nennt man die verschrobenen Superfans, die alle klingonischen Heeresführer auswendig können oder stundenlang darüber lamentieren, daß die neuen Mario-Computerspiele nicht mehr so wie früher sind. Das japanische Trio Guitar Wolf hat die Gründungsjahre des Rock'n'Roll mit Löffeln gefressen und bannt mit aufwendiger Mikroelektronik einen originalen LowFi-Minimal-Sound, der vergessen läßt, warum jemals sowas wie Rauschunterdrückung erfunden wurde. Originaler kann eine Band nicht sein, die beschlossen hat in einer Welt aus 50s-Movies und Monstercomics zu leben. Und darin übertreffen sie sogar ihre Landsleute von Teengenerate, die neben Link Wray von Guitar Wolf gecovert werden.

Die Wölfe waren bereits am letzten Donnerstag zu Gast in Bremen und landete mehr oder minder zufällig im „Eisen“ am Sielwall. Einen freien Tag lang hatte das Trio in Groningen herumgehangen und kein billiges Hotel gefunden, aber Tourmanager Jean Luc hatte noch im Hinterkopf, daß die dänische Band Shake Appeal am selben Abend in einer Kneipe hinter der deutschen Grenze auftreten sollte. So zogen Guitar Wolf mit hochgeschlagenen Kragen durch die engen Gassen des Viertels, nahmen eine Auszeit in der Sushi Bar und fanden noch rechtzeitig das Eisen um Shake Appeal zu sehen. Drummer Toru behielt die Sonnenbrille auf und lehnte an der Wand als würde Marlon Brando gleich vorbeikommen oder als müßten sie noch mit den Maschinen an den Stadtrand um faustmäßig ein paar Gangrivalitäten auszudiskutieren. Wirtin Susanne befürchtete, daß die Polizei nicht auf sich warten lassen würde, aber da war es schon zu spät. Bassist Billy stand schon auf dem Tisch und Gitarrero Seiji holte gerade Toru vom Klo. Guitar Wolf spielten einen Rausch aus. Nicht umsonst sind sie die Lieblinge aller Verkäufer von Gitarrensaiten und die von Größen wie Jon Spencer sowieso. Veranstalter Gero hatte schon Angst, daß die Band ihr komplettes Konzert vorwegnimmt je länger Guitar Wolf zwischen den Tischen rumwirbelten. Aber Legenden sollte man nicht aufhalten. Irgendwann scheuchte Jean Luc seine Schäfchen wieder in den Bandbus. Der clevere Franzose ist als Roadie selbst bereits Legende und hatte ein billiges Hotel in Borgfeld ausgeguckt. Diese Woche kehren sie zurück und werden von den „Sods“ begleitet, die wieder im Römer spielen müssen, wenn draußen noch die Sonne scheint. Dafür kann man später noch in den Schlachthof fahren um dort Ratos de Poroa zu sehen, die wohl erst zu punküblichen Zeiten auf der Bühne sein werden. Ein großer Abend ! Anpfiff ist pünktlich 20 Uhr im Römer. stErn