Schaukampf in Magdeburg

In Sachsen-Anhalt beteuern SPD und CDU, weiter miteinander verhandeln zu wollen. Doch insgeheim wird mit einer Tolerierung durch die PDS gerechnet  ■ Aus Magdeburg Toralf Staud

Wenigstens darin sind sich SPD und CDU in Sachsen-Anhalt derzeit einig: Beide Seiten sind gesprächsbereit, aber kompromißlos. Sowohl Ministerpräsident Reinhard Höppner als auch sein CDU- Kontrahent Christoph Bergner betonten am Wochenende, sie würden sich – „im Interesse des Landes“ – neuen Verhandlungen über eine Große Koalition nicht verschließen. Doch wissen beide, daß der andere auf die Bedingungen dafür nicht eingehen wird.

Die SPD will weiterhin, daß die CDU zur Isolierung der rechtsextremen DVU im Landtag auch zu Vereinbarungen mit der PDS bereit ist. Eine solche praktische Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen habe es in den vergangenen Jahren ja auch gegeben, sagt Höppner. Auch im Bundestag werde doch der parlamentarische Geschäftsführer der PDS mit einbezogen. Doch die CDU blockt ab. Landesvorsitzender Karl-Heinz Daehre räumte ein, daß seiner Partei die Stimmen der PDS beispielsweise bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen gegen die Regierung Höppner ganz gelegen kamen. „Man kann ja nicht verhindern, daß die auch mal zustimmen.“ Aber die jetzt geforderten verbindlichen Absprachen seien zu viel. Nur wenn die SPD darauf verzichte, so Daehre, werde es neue Verhandlungen geben.

Doch auf die Linie der CDU, die nur sich selbst und die SPD als demokratische Parteien im Landtag definieren will, können sich die Sozialdemokraten nicht einlassen. „Wenn wir dem zustimmen, heißt es am nächsten Tag sofort, wir hätten in den letzten vier Jahren mit einer extremistischen Partei zusammengearbeitet“, meint Roman Dütsch, Mitglied im geschäftsführenden SPD-Landesvorstand. Seit dem Scheitern der Gespräche am vergangenen Freitag schließen beide Seiten ihre Reihen, CDU und SPD bereiten sich gleichermaßen auf ideologisierte Auseinandersetzungen vor. Bei der CDU scheinen alle die Entscheidung über den Abbruch für richtig zu halten, die Kritik an der Führung der Landespartei ist plötzlich verstummt. Der Landtagsabgeordnete und Chef der sachsen-anhaltischen Jungen Union, Uwe Schulze, hatte noch vor ein paar Tagen eine „Erneuerung“ gefordert, jetzt hält er das für nicht mehr so dringend. Marion Fischer, MdL und gleichzeitig Mitglied des CDU-Bundesvorstandes, wollte noch vergangene Woche den Rücktritt des Landesvorsitzenden Daehre.

Nun lobt sie ihn für seine „Standfestigkeit“ und meint, der Abbruch habe seiner Wiederwahl im Herbst „mehr genützt als geschadet“. Karl-Heinz Daehre kündigte an, in den nächsten Tagen eine Kampagne gegen die PDS zu starten. „Mit Zitaten werden wir daran erinnern, daß sie eine andere Republik will, daß sie nicht der Landesverfassung zugestimmt hat.“

Nach wie vor will die Bundes- SPD, daß Höppner und Genossen eine Große Koalition eingehen. Aus der Spitze der Landespartei hieß es gestern, der „Druck aus Bonn ist nach wie vor enorm“. Einhelliges Ziel der sachsen-anhaltischen SPD sei, Höppner und dem Landesvorsitzenden Rüdiger Fikentscher „den Rücken zu stärken“. Lafontaine und Schröder müßten aufpassen, daß sie sich von der CDU nicht dazu treiben lassen, einen Ost-West-Konflikt in der SPD vom Zaun zu brechen.

Alle in Sachsen-Anhalts SPD richten sich bereits auf eine PDS- tolerierte Minderheitsregierung ein. SPD-Fraktions-Vize Peter Oleikiewitz meint zwar immer noch, eine Zusammenarbeit mit der CDU „wäre besser“, und sagt, „man sollte es noch einmal versuchen“. Eine Einigung hält aber selbst er für „nicht mehr wahrscheinlich“.

Die PDS hat ihrerseits am Wochenende ihr Angebot erneuert, eine SPD-Minderheitsregierung zu tolerieren. Der Landesvorstand beschloß eine Liste inhaltlicher Forderungen, beispielsweise mehr Geld für Kindergärten, mehr Lehrer und die Einführung einer Ausbildungsplatzumlage. „Wir sind ziemlich sicher, daß sie von der SPD erfüllt werden“, meint PDS- Landeschefin Rosemarie Hein. Beide Parteien lägen ja kaum auseinander. Hein ist sicher, daß die Abgeordneten ihrer Partei bei Höppners Wahl zum Ministerpräsidenten mit Ja stimmen und sich nicht, wie vor vier Jahren, enthalten. Allerdings glaubt sie nicht, daß Höppner um Absprachen mit der PDS herumkommt: „Er wird schon mal mit uns reden müssen.“