Sex im Sechskorn

■ Gayle Tufts macht Kultursauna: „A Foreign Affair“ im Schmidts Tivoli

Sie ist der Typ Amerikanerin, vor der die Englischlehrerin immer gewarnt hat: Sie spricht zu schnell, liebt Pancake & Konsorten, ist direkt und – großartig. Gayle Tufts präsentierte am Sonntag im Schmidts Tivoli ihr Programm A Foreign Affair, das sie mit dem Hamburger Pianisten Rainer Bielfeldt erarbeitet hat. Ein treffender Titel für ihre Lieder und Anekdoten, die allesamt ein Thema haben: „How to survive with die Berliner?“

Gayle Tufts lebt seit sieben Jahren in der Hauptstadt und kann daher manches Wörtchen über Eigenes und Fremdes verlieren. Das macht sie auf „Dinglish“, einem Mix aus Deutsch und Englisch, den Integrationspessimisten wohl Kauderwelsch nennen würden. Für Tufts aber ist es ein Mittel, dem Alltag und Sprachtrott in Deutschland seine Kleinheiten abzulauschen und in den kosmopolitischen Rahmen zu rücken. So beendet sie einen Exkurs zur Oberflächlichkeit der US-Begrüßungsfloskel „How you're doing“ mit dem lakonischen „We americans don't really care about die Antwort – während ihr in Deutschland immer sofort in die tiefsten Seinsgründe schweift.“ Die Musik Bielfeldts, der alle Register von Ballade bis Boogie-Woogie zieht, gibt ihren Songs das solide Fundament vertrauter Piano-Begleitung.

Tufts stellt konkrete Fragen an die fremde Kultur: „Who put the Sex into my Sechskornbrötchen?“ Manchmal droht diese Direktheit in der Platitüde zu versinken, denn die Themen sind allzu bekannt: Von Silikon-Brüsten über unfreundliche Kellner bis zu Ami-Touristen. Und dennoch schafft es die Entertainerin mit beeindruckender Präsenz, diesen Dingen noch wirklichen Witz abzugewinnen.

Dazu trägt neben der gekonnten Inszenierung ihres Körpers vor allem die Frotzelei über Homos und Heteros bei, die sich aus der Bühnen-Mesalliance mit dem schwulen Bielfeldt ergibt. Sie liefern in ihrer Scheinverlobung amüsantes Paargeplänkel, das das Publikum häufig die Arme umeinanderschlingen ließ: weniger aus Rührung denn im Lachkrampf. Am Ende gab's noch die Ermahnung, bei allem fun erwachsen zu werden: „You can't suck the breast forever.“ Vor allem nicht in der Fremde. Jörg Metelmann

noch heute, 20 Uhr, Schmidts Tivoli