Afrikanerinnen fürchten Beschneidung

■ Vier Frauen aus der Elfenbeinküste klagen auf Asyl – weil ihnen in der Heimat die Klitoris beschnitten werden soll / Entscheidung in zwei Wochen Tagen erwartet

Mit Spannung erwarten deutsche Frauenrechtsgruppen die Entscheidung des Oldenburger Verwaltungsgerichts zu einem Asylbegehren von vier Frauen aus der Elfenbeinküste, die in ihrer westafrikanischen Heimat mit ihrer Beschneidung rechnen müssen. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Frauen bereits abgelehnt. Jetzt kämpfen die Frauen vor dem Oldenburger Verwaltungsgericht für ihre Anerkennung als Asylbewerberin. Nach Angaben der World Health Organisation (WHO) werden rund 60 Prozent der Frauen an der Elfenbeinküste – unter Mithilfe ihrer Angehörigen – sexuell verstümmelt.

Die Entscheidung des Oldenburger Verwaltungsgerichtes wird in 14 Tagen erwartet. Solange werden Hélène (18) und Amena (23), zwei der Frauen, weiter bangen. Beide kamen vor mehreren Jahren nach Deutschland. Die jüngere von ihnen sei zuvor einem blutigen Beschneidungsritual knapp entkommen, berichtet deren Hamburger Anwältin Gabriela Lünsmann.

Ihre Mandantin von der Ethnie der Dan sei als 15jährige mit 25 anderen jungen Frauen des Dorfes in eine Waldhütte gebracht worden; von dort sei ihr noch am selben Tag, nachdem zwei Leidensgenossinnen an der Beschneidung gestorben waren, die Flucht gelungen – erst zu einer Freundin, und später, aus der vorübergehenden Obhut einer Tante in Abidjan heraus, nach Deutschland. Einen ähnlichen Weg ist auch Amena gegangen, nachdem die Eltern sie als 20jährige an „einen alten Mann“ verheiraten wollten – allerdings nicht ohne zuvor die im Umkreis übliche rituelle Beschneidung der Klitoris vorzunehmen.

„Eine menschenrechtswidrige Verstümmelung“ nennt Gabriele Göken, die zuständige Richterin der 7. Kammer des Oldenburger Verwaltungsgerichts, das Ritual. Sie wird entscheiden müssen, ob den Frauen deshalb politisches Asyl zusteht – oder wenn nicht, ob sie dennoch, wegen der drohenden Übergriffe im Heimatland, in Deutschland möglicherweise geduldet werden. Mit einem ärztlichen Attest ließ sich die Oldenburger Richterin bestätigen, daß die Klägerinnen bislang körperlich unversehrt sind.

Eine erste Entscheidung in der Frage „Asyl bei Beschneidung“, fällte das Magdeburger Verwaltungsgericht bereits im Sommer 1996. Der Richterspruch, gegen den der Bundesbeauftragte keine Berufung einlegte, betraf ebenfalls eine Ivorerin. Ihr stünden keine inländischen Fluchtmöglichkeiten offen, urteilte das Magdeburger Verwaltungsgericht damals. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die zum Stammesoberhaupt bestimmte Frau weitgehende Verfolgung durch Mitglieder des Stammes befürchten müsse.

In Deutschland geht man derzeit davon aus, daß es in der Elfenbeinküste – anders als im westafrikanischen Senegal oder Gambia – keine Zufluchtsorte für Frauen gibt, die einer gewaltvollen Amputation ihrer Geschlechtsorgane entgehen wollen. Außerdem ist nicht bekannt, daß eine geplante Gesetzesinitiative, die die rituelle Beschneidung an Mädchen verbieten soll, nennenswerte Fortschritte gemacht hätte. ede