■ Schnittplatz
: Her mit dem Schmuddel!

Ein Konfliktthema, alle kapieren es, Sex kommt vor, Verbote auch. Und Frauen wie Arabella, die so nett ausschaut, aber Böses tut. Weil das Thema dies alles hat, beschäftigen sich allerhand Zeitungen damit. Und so kommt es, daß auch im Fernsehen ungefragt gefragt wird, was TV nachmittags darf. Da wird der Talk über den Talk inszeniert und das nun auch noch vom größten Programmvorhaben der ARD, Sabine Christiansen nämlich. Eine Moderatorin redet mit Talkgästen über Moderatorinnen, die mit Talkgästen über Sex reden. Leider müssen nun auch noch wir darüber reden, also über das Gerede über das Gerede.

„Talk ohne Tabus“ hieß die Sendung am Sonntag: Da mußte sich Sabine Christiansens gebeuteltes Team erst einmal überlegen, wer denn nun die Richtigen sind, den Schmuddel diskursiv vom Bildschirm zu kehren. Nein, nicht nur die Medienmanager, die -wächter, -wissenschaftler oder -politiker. Denn so schön das Thema, so interessant müssen auch die Gäste sein im bunten Tiwi.

Und dann heißen die Kronzeugen im Fall Fernsehen gegen Fernsehen: Reinhard Mey, Musiker. Hans-Herrmann Tiedje, Ex-Bild- Chef. Zuerst Mey: ein Streiter für die Moral, schwarz gekleidet predigt er los. Da passiere ja viel Unredliches im Privatfernsehen. „Furchtbar!“, „Schrecklich!“, „Menschenwürde!“ redet sich Spielplatzspender Mey in Rage, und für den Moment vergeht ihm das eingewachsene antiautoritäre Lächeln. Sogar zum Frauenrechtler wird der Lyriker, da „das Menschenverachtende immer auf dem Rücken der Frauen ausgebadet wird“. Dann Tiedje: „Damit das mal gleich von vornherein klar ist: Die Bild-Zeitung mit ihren Inhalten hat mit dem, was da ausgestrahlt wird, überhaupt nichts zu tun. Und zwar nichts zu tun.“ „Asozialen-Fernsehen!“ rotzt er, für Gucker auf dem geistigen Niveau „von Primaten“.

Und während Tiedje noch seine Springer-Vita reinwäscht, wünscht man sich statt des Meta-Schmuddels lieber richtiges Schmuddel-TV. Das Gerede über das Gerede über Sex ist gegen das Gerede über Sex doch ein wenig fad. Ach, Frau Christiansen – lassen Sie uns über Sex reden. Georg Löwisch