Schock: Hintze und Thierse einig!

■ Der CDU-Generalsekretär und der SPD-Vize glauben nicht an eine große Koalition in Sachsen-Anhalt. Beide Politiker werfen einander mangelndes Interesse an Verhandlungen vor

Magdeburg/Bonn (AFP/AP) – Nach dem vorläufigen Scheitern der Gespräche zwischen CDU und SPD in Sachsen-Anhalt werfen sich beide Parteien gegenseitig Desinteresse an einer großen Koalition vor. CDU-Generalsekretär Peter Hintze nannte am Montag das neue SPD-Gesprächsangebot vom Wochenende „reine Augenwischerei“. Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) wolle kein Bündnis mit der CDU; vielmehr solle die Union in eine Zusammenarbeit zwischen SPD und PDS hineingezogen werden. SPD- Bundesvize Wolfgang Thierse warf der CDU im Gegenzug vor, sie habe in Wirklichkeit „kein Interesse“ an einer Großen Koalition in Magdeburg. Die Union wolle ihre „Rote-Socken-Kampagne“ gegen die SPD im Bundestagswahlkampf betreiben, sagte er.

Während der CDU-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner, ein Bündnis mit SPD und PDS gegen die DVU erneut ablehnte, erwägen die Sozialdemokraten in Magdeburg, wie sie die DVU möglichst weitgehend daran hindern, den Landtag als Bühne für ihre Selbstdarstellung zu nutzen. Bereits die Eröffnungssitzung bereitet dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD, Jens Bullerjahn, Kopfzerbrechen. Die DVU stellt den ältesten und einen der beiden jüngsten Abgeordneten, die nach den bisherigen Gepflogenheiten der konstituierenden Sitzung des Landtags vorsitzen. Der Dritte im Bunde wäre ein PDS-Parlamentarier, sein Nachrücker kommt nach Bullerjahns Worten aus der SPD. Weder in der PDS noch in der SPD bestehe bei den Jüngeren große Bereitschaft, sich mit der DVU ins Präsidium zu setzen, sagt Bullerjahn. Als nächster Nachrücker würde dann aber ein dritter DVU-Abgeordneter im Präsidium Platz nehmen.

Auch bei der Ausschußbesetzung könnten die drei größten Parteien Bullerjahn zufolge gemeinsam verhindern, daß etwa der Innen- oder Petitionsausschuß einen DVU-Vorsitzenden bekommt. Zudem sei bei der Beratung von DVU-Anträgen im Parlament vorstellbar, jeweils nur eine der anderen Fraktionen das Wort ergreifen zu lassen, um die Debatte möglichst kurz zu halten. Damit habe man im Landtag von Schleswig- Holstein im Umgang mit der DVU gute Erfahrungen gemacht. Ebenfalls zu erwägen sei eine Beschränkung der Redezeit.

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, hat sich unterdessen gegen ein Bündnis demokratischer Parteien mit der PDS gegen die DVU ausgesprochen. Im Berliner Radio 100,6 sagte Bubis, die DVU sei eine rechtsextreme Partei mit rassistischen und antisemitischen Zügen, die es zu bekämpfen gelte. Allerdings bedürften die Demokraten dazu nicht der Hilfestellung der SED-Nachfolgepartei. Im übrigen könne er nicht erkennen, was die Bekämpfung der DVU mit der Bildung einer demokratischen Regierung in Sachsen-Anhalt zu tun habe.

Er stelle die PDS nicht auf die gleiche Stufe wie die DVU, betonte Bubis. Aber es sei unklar, inwieweit sich die PDS von ihrer alten SED-Ideologie getrennt habe. Zur Äußerung des Ministerpräsidenten Reinhard Höppner, die Gleichsetzung von PDS und DVU verhöhne die Opfer des Holocaust, sagte Bubis: „Ich glaube, daß hier die Holocaust-Opfer instrumentalisiert werden sollen.“