taz-Korrespondent Peter Böhm sitzt seit vier Wochen in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa im Gefängnis. Der Vorwurf lautet: Spionage. Festgenommen wurde er im bürgerkriegsgeschüttelten Osten des Kongo (Ex-Zaire) - ein Gebiet, wo Mißtrau

taz-Korrespondent Peter Böhm sitzt seit vier Wochen in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa im Gefängnis. Der Vorwurf lautet: Spionage. Festgenommen wurde er im bürgerkriegsgeschüttelten Osten des Kongo (Ex-Zaire) – ein Gebiet, wo Mißtrauen Berichterstattung schwierig macht.

Wer Probleme sieht, ist ein Störfaktor

Journalismus im Kriegsgebiet ist gefährlich. Der deutsche Reporter und taz-Korrespondent Peter Böhm erlebt dies derzeit am eigenen Leib: Vor genau einem Monat, am 12. April, wurde er in der Demokratischen Republik Kongo verhaftet. Bis heute sitzt er unter dem Vorwurf der Spionage im Gefängnis des Geheimdienstes CNS (Nationaler Sicherheitsrat) in Kinshasa, der Hauptstadt des Landes.

Mittlerweile besteht nach Auskunft der zuständigen Stellen Hoffnung, daß die Untersuchung des Falls bald abgeschlossen sein wird. Dann muß die Präsidentschaft entscheiden, ob Anklage erhoben wird oder eine Ausweisung erfolgt. Peter Böhms Haftbedingungen sind für afrikanische Verhältnisse relativ gut. Er sitzt nicht in einem normalen Gefängnis – in Kongo wie in ganz Afrika sind das Orte, wo man froh sein kann, lebend wieder herauszukommen –, sondern im Arrest des Geheimdienstes. In einer Gemeinschaftszelle untergebracht, aber nicht permanent eingeschlossen, genießt er die ständige Betreuung der Deutschen Botschaft.

Kontakt zu Rebellen und Mitführung von Aufzeichnungen über Standorte von Rebellen gehören zu den konkreten Vorwürfen gegen Peter Böhm. Er wurde nach sechs Tagen Recherche im bürgerkriegsgeschüttelten Osten des Landes nahe der Grenze zu Ruanda und Uganda verhaftet. In der Region mit ihren weiten Savannen, unfruchtbarem Vulkangestein und hohen Gebirgsketten herrscht seit Jahren Bürgerkrieg: Lokale Milizen kämpfen gegen die Armee, ruandische Hutu-Milizionäre und ugandische Guerillagruppen haben hier Rückzugsgebiete.

Der 31jährige Peter Böhm bereist Kongo/Ex-Zaire seit Anfang 1996 regelmäßig. Er hat die letzte Phase der Mobutu-Diktatur und den Aufbau des Kabila-Regimes mehrfach vor Ort erlebt und ist seit Ende Dezember Korrespondent der taz mit Sitz in Kenias Hauptstadt Nairobi. Berichterstattung über diese Region war noch nie einfach. Im Afrika der Großen Seen, wo Völkermord, ethnische Säuberung und Bürgerkrieg in den letzten Jahren weit über eine Million Tote und viele Millionen Flüchtlinge und Vertriebene gefordert haben, herrscht überall Mißtrauen. Wahrheitsfindung ist fast unmöglich dort, wo keine Familie vom Blutvergießen unberührt geblieben ist, wo niemand mehr neutral sein kann und wo daher zunächst jeder Gesprächspartner vorrangig nach seiner Eigenschaft als potentieller Freund oder Feind beurteilt wird. Wer sich mit einer Seite versteht, wird oft hinterher von der anderen Seite boykottiert. Und gerade weil dies aufgrund der Unermeßlichkeit der vielen schrecklichen Einzelschicksale so nachvollziehbar erscheint, kann man dem kaum entrinnen.

Weite Teile von Ruanda, Burundi und dem Osten Kongos sind inzwischen No-Go-Gebiete für die Presse. Es herrscht entweder das lähmende und uneinschätzbare Risiko von Gewalt oder rigorose Kontrolle durch den Staat. Der Autor dieser Zeilen wurde im März 1997 in genau der Gegend der Provinz Nordkivu, wo jetzt Peter Böhm verhaftet wurde, mehrmals von den Truppen Kabilas gestoppt, durchsucht und an der Weiterreise gehindert, trotz ordnungsgemäßer Akkreditierung. Nur die mitgeführte Sondererlaubnis des Geheimdienstes mit in roter Tinte getippter exakter Reiseroute, die erst nach einer persönlichen Intervention des zuständigen Ministers erteilt worden war, verhinderte damals Schlimmeres.

Wer heute mit weniger Absicherung durch dieses Buschkriegsgebiet reist, muß zwangsläufig mit noch mehr Schwierigkeiten rechnen. Die regionenspezifische Paranoia paart sich in Kabilas Regierung, die 1996/97 als Rebellenbewegung in dieser Region entstand, mit dem Rückgriff auf Befreiungsideologien der 60er Jahre. Dem Totalitarismus ideologischer Vorbilder wie Nord-Korea und China näher als dem Demokratieverständnis politischer Verbündeter wie USA oder Südafrika, pflegen die Veteranen der Guerillakriege jener Zeit ein Verständnis von Öffentlichkeit, das Pressefreiheit den Zielen des „nationalen Wiederaufbaus“ unterordnet.

Wer die Aufmerksamkeit eher auf Problemfelder lenken will, ist da nur ein Störfaktor. Bis heute ist die Prozedur der Akkreditierung als Journalist in Kinshasa langwierig und kompliziert. Für Reisen in „Bergbauzonen“ – dazu zählen große Teile des Landes – sind Sondergenehmigungen nötig, die noch schwerer zu erhalten sind. Und Mißtrauen schürt Mißtrauen. Selbst positive Entwicklungen und Leistungen der neuen Machthaber – die es durchaus gibt – werden nicht mehr zur Kenntnis genommen, wenn der unvoreingenommene Blick so schwer gemacht wird. Dominic Johnson

Meinungsäußerungen zum Fall Peter Böhm an die Botschaft der Demokratischen Republik Kongo, Im Meisengarten 133, 53179 Bonn, Tel.: (0228) 858160, Fax: -340398