Neue Runde im Psychiatriepoker

■ Klinik Dr. Heines vor dem Aus bewahrt / Neue Klinikstruktur geplant

Der Koffer steht noch neben dem Bett. Peter M. (Name geändert) ist gerade angekommen in der Privatklinik Dr. Heines für Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik. Auf seiner Station A05 erholen sich 26 junge Erwachsene – weil sie schwere Ängste oder Depressionen haben. Bis zu zwei Monate bleiben Patienten wie er meist hier: Die Klinik mit ihrem fast kurähnlichen Gelände setzt auf intensive psychotherapeutische Behandlung. Doch immer mehr Patienten lassen sich heute ambulant behandeln. „Umbrüche“ in der Klinikstruktur kündigte deshalb jetzt der neue ärztliche Direktor Klaus Brücher nach dem Ausscheiden von Dr. Karl-Dieter Heines an.

Der Wandel hat nackte Existenzgründe: Die Klinik unter der Trägerschaft vom Christlichen Sozialwerk stand kurz vor dem Aus: Gesundheitssenatorin Tine Wischer (SPD) hatte für die Klinik nämlich nur noch 75 statt 115 geförderte Betten eingeplant – weil sie mit ihren speziellen Angeboten eher die psychiatrische Kür macht, während das Zentralkrankenhaus Ost (ZKH Ost) „alle psychiatrischen Behandlungsbereiche“ anbietet. Außerdem stammt über die Hälfte der PatientInnen aus dem Umland. Ergo: Die Klinik müsse sich entweder auf die Aufgabe ihres Betriebes oder neue Aufgaben einlassen, hieß es.

Und die unter Druck gesetzte Klinik hat sich jetzt eingelassen: Laut Verwaltungsdirektorin Maria Mensen hat man sich mit den Kassen und der Gesundheitsbehörde auf die Übernahme von 39 Betten aus der Klinik Sebaldsbrück geeinigt. Diese Unterabteilung vom ZKH Ost soll aufgelöst werden, um den Aufbau von psychiatrischen Zentren in allen Stadtteilen finanzieren zu können. Sebaldsbrück behandelt PatientInnen mit Alkohol- und Medikamentensucht, aber auch Drogenabhängige, die warm mit Methadonprogramm entziehen. Heines soll 24 Drogenbetten und 15 Betten für Border-Line-Patienten übernehmen – um so die „Akutpsychiatrie“ aus- und gleichzeitig die weniger nachgefragten Psychotherapiestationen abzubauen. „Mit dieser Bettenzusage ist der Bestand von Heines gesichert“, resümiert jetzt Karl Nagel vom Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) – zum Leidwesen vom ZKH-Ost, das die Drogenstation gerne weiter betreiben wollte. Aber das lehnten die Kassen ab: Es sei zu teuer, die Sebaldsbrücker Bauten noch zu unterhalten.

Daß Heines den Zuschlag bekam, freut jetzt auch die CDU-Gesundheitspolitikerin Ulrike Schreiber. Sie hatte sich sehr für den Traditionsbetrieb und das Aushängeschild Heines als „Wirtschaftsfaktor“ in der Stadt mit fast 230 MitarbeiterInnen stark gemacht. Und in überraschender Übereinstimmung sagt auch die grüne Gesundheitsfrau Christine Bernbacher: „Heines macht gute Arbeit, sie behandeln eben langsam und behutsam, während das ZKH Ost schnelle Hilfe anbietet.“

Der Bettendeal kam aber auch noch aus einem anderen Grund zustande: Heines hatte nämlich eine Klage gegen die Stadt wegen des ursprünglich geplanten Bettenabbaus angekündigt – und diese jetzt wegen der Bettenzusage zurückgezogen. „Die Klage hätte gute Erfolgsaussichten gehabt“, weiß Kassenmann Karl Nagel. Denn das Argument, daß es auch in der Psychiatrie Angebotsvielfalt mit privaten und staatlichen Kliniken geben muß, hätte „vor Gericht auf jeden Fall Bestand.“

„Langfristig“ sieht der neue ärztliche Heines-Direktor Klaus Brücher jetzt also „gute Chancen“ auch in Zukunft „schwarze Zahlen zu schreiben“. Heines will sich in der Psychotherapie mit neuen Behandlungsmethoden einen guten Ruf machen: So sind Licht- und Wachtherapien für depressive Patienten geplant. Und auch weiterhin wolle man bei der Betreuung von jungen Erwachsenen und alten Menschen die „erarbeitete Alleinstellung in Bremen und dem Umland“ erhalten. kat