Abgeschoben. In Istanbul gefoltert. Zurückgeholt

■ Ein Asylbewerber, der in die Türkei abgeschoben wurde, durfte mit Hilfe des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministeriums wieder einreisen. Der 32jährige war gefoltert worden

Hannover (taz) – Erstmal haben auch das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium den Anspruch auf Wiedereinreise eines kurdischen Flüchtling anerkannt, der nach einem erfolglosen Asylverfahren in die Türkei abgeschoben und dort gefoltert wurde. Der 32jährige Flüchtling Mehmet Ali Akbas, der erst im Januar auf Betreiben des niedersächsischen Landkreises Nienburg nach Istanbul abgeschoben worden war, kehrte gestern morgen über den Frankfurter Flughafen in die Bunderepublik zurück. Nach seiner Abschiebung aus Niedersachsen am 15. Januar war er in Istanbul am Flughafen festgenommen und neun Stunden lang verhört worden.

Nachdem der 32jährige mit der Auflage, Istanbul sofort zu verlassen, freigekommen war, wurde er an einem Busbahnhof erneut von Polizisten in Zivil verhaftet. Acht Tage lang wurde er danach auf einer Polizeistation immer wieder gefoltert und vernommen.

Um die Rückkehr des Flüchtlings in die Bundesrepublik, für die sich zunächst der niedersächsische Flüchtlingsrat und die Grünen im Landtag in Hannover einsetzen, haben sich auch das niedersächsische Innenministerium und das Auswärtige Amt bemüht. Selbst das Bundesinnenministerium erlaubte ausdrücklich die Wiedereinreise des rechtskräftig abgelehnten Asylsuchenden. Als „humanitären Akt“ wollte das Bundesinnenministerium die zweite Flucht Mehmet Ali Akbas' in die Bundesrepublik allerdings nicht bezeichnen. Ein Sprecher des Bundesinnenministers sah in der Rückkehr des Flüchtlings nur „einen in der Amtszeit von Manfred Kanther einmaligen Fall“.

Aus der achttägigen Polizeihaft in Istanbul wurde der 32jährige erst entlassen, nachdem er sich zur Zusammenarbeit mit den türkischen Sicherheitsbehörden bereit erklärt hatte. Die Verletzungen am ganzen Körper, die durch einen Hochdruckwasserstrahl, Schläge und Tritte zugefügt worden waren, attestierte anschließend nicht nur ein türkisches Gesundheitsamt, sondern auch ein Vertrauensarzt des deutschen Generalkonsulats in Istanbul. Ein Visum für die Rückkehr in die Bundesrepublik wollten das Auswärtige Amt und sein Generalkonsulat dem Flüchtling allerdings erst nach einer Erklärung des Bundesinnenministeriums ausstellen.

Nach Angaben des Innenministeriums in Hannover einigten sich die drei beteiligten Ministerien schließlich auf die Sprachregelung, daß der 32jährige zur Klärung der Vorfälle in der Türkei wieder nach Deutschland einreisen dürfe. Ein Versuch des Flüchtlings, in der vergangenen Woche in Begleitung eines deutschen Konsularbeamten über den Flughafen Istanbul auszureisen, scheiterte jedoch, weil der 32jährige nur mit Visum und türkischer Identitätskarte und ohne einen Paß die Grenzkontrolle nicht passieren durfte. Am Ende gelang es ihm aber, die Türkei über die grüne Grenze nach Griechenland zu verlassen. Die Grünen-Abgeordnete Silke Stokar, die in der vergangenen Woche den 32jährigen vergeblich im Transitraum des Istanbuler Flughafens erwartete, verlangte gestern, daß nun der Länderbericht des Auswärtigen Amtes über die Türkei geändert wird. Der Fall zeige eindeutig, daß politisch engagierte Kurden auch im Westen der Türkei nicht sicher seien und die oft genannte innerstaatliche Fluchtalternative nicht hätten. Jürgen Voges