Grüne mit neuem SFOR-Beschluß

■ Partei- und Fraktionsspitze einigt sich auf veränderte Fassung des SFOR-Beschlusses. Deutschem Truppeneinsatz in Bosnien wird zugestimmt, aber Kritik an Haltung der Nato bleibt

Bonn (taz) – Während um die genaue Formulierung des Kurzprogramms für den bündnisgrünen Länderrat im Juni noch gerungen wurde, hatten sich Partei- und Fraktionsspitze gestern in Bonn bereits auf eine gemeinsame Position zu einem anderen parteiintern umstrittenen Thema geeinigt: Ohne Gegenstimmen hat der Bundesvorstand einen Beschluß zum internationalen Militäreinsatz in Bosnien verabschiedet, der dem Länderrat vorgelegt werden soll. Indirekt wird darin trotz politischer Bedenken eine Verlängerung des SFOR-Einsatzes befürwortet.

„Trotz unserer Kritik an der Haltung der Nato sowie an der Politik der Bundesregierung, die die Vereinten Nationen weiter schwächen wird, und trotz unserer grundsätzlichen Ablehnung der deutschen Beteiligung an militärischen Kampfeinsätzen sehen wir im Fall eines ersatzlosen Abzugs der SFOR-Truppen die Gefahr eines Wiederaufflammens des Krieges“, heißt es in dem Beschluß. „Wir sind der Meinung, ein Sicherheitsvakuum für die bosnische Bevölkerung darf es nicht geben.“

Die Delegierten des Magdeburger Parteitags im März hatten es noch mit knapper Mehrheit abgelehnt, im Programm konkret Stellung zur Lage in Bosnien zu beziehen und sich grundsätzlich gegen militärische Friedenserzwingung ausgesprochen.

Der Bundesvorstand hat sich nun um eine vorsichtige Kurskorrektur bemüht, ohne den Magdeburger Beschluß zu kippen – was laut Satzung auch gar nicht möglich wäre. Der Einsatz in Bosnien sei „faktisch“ ein Mandat zur Friedenserhaltung und nicht zur Friedenserzwingung, „der von UN- Blauhelmen durchgeführt werden sollte anstatt von Nato-Kampfeinheiten“, heißt es in der Resolution. „Aktuelle Positionsbestimmungen“ zu Krisensituationen seien Aufgabe der politischen Gremien der Partei.

Dem Beschluß waren wochenlange Diskussionen in der Partei vorangegangen. Einige Vertreter der Realo-Strömung erhofften sich vom Länderrat eine eindeutige Empfehlung für die Bundestagsabgeordneten, der Verlängerung des Bosnieneinsatzes zuzustimmen. Manche Parteilinke wollten das Thema auf dem „kleinen Parteitag“ am liebsten gar nicht auf der Tagesordnung sehen und Gegner des Bosnieneinsatzes nicht „ins Abseits stellen“, wie es Frithjof Schmidt vom Bundesvorstand ausdrückte. Er geht nun davon aus, „daß wir einen für alle tragbaren Kompromiß gefunden haben“.

Ein „ersatzloser Abzug“ der SFOR-Einheiten wäre „mit unserem Eintreten für eine aktive Friedens- und Menschenrechtspolitik nicht vereinbar“, heißt es in dem Beschluß der Vorstands. Die Abgeordneten werden gebeten, dies bei der Bosnienabstimmung im Bundestag „ebenso wie unsere Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Nato deutlich zum Ausdruck zu bringen“. In Parteikreisen hieß es gestern, dieser Formulierung könnten alle das entnehmen, was sie für ihre jeweilige Position bei der Abstimmung bräuchten. Im Falle einer rot-grünen Koalition will sich die Partei dann laut Vorstandsbeschluß dafür einsetzen, „daß die Verantwortung für eine langfristige friedenserhaltende internationale Präsenz in Bosnien-Herzegowina zurück an die Vereinten Nationen gegeben wird“. Bettina Gaus