Öffentliches Gelöbnis nächstes Jahr?

■ Fraktionen stritten in der Bürgerschaft über Vereidigung / Scherf: „Es gibt keine Ausladung für die Bundeswehr.“

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr, das für den 9. Juni auf dem Bremer Marktplatz geplant war und zwischenzeitlich von Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) abgesagt worden ist, könnte auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Das haben die Großkoalitionäre von CDU und SPD gestern in der Bürgerschaft vorsichtig anklingen lassen. „Es gibt keine Ausladung der Bundeswehr“, betonte Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Er sei bereit, die Debatte über ein öffentliches Gelöbnis zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen. Es müsse allerdings sichergestellt werden, daß sich die „Krawallerfahrungen“ von 1980 und 1994 nicht wiederholten. „Daran wollen wir uns messen lassen.“ 1980 war es bei einem öffentlichen Gelöbnis im Bremer Weserstadion zu Ausschreitungen gekommen. Auch bei der Feier zur Deutschen Einheit, war es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Polizei und den Gegnern des Festaktes gekommen. Man dürfe nicht zulassen, daß sich Soldaten oder Polizisten auf der Straße mit Gegendemonstranten „Ersatz-Poltischlachten“ lieferten, sagte Scherf. Er habe Rühe sogar zugesichert, seine Rede mit ihm abzugleichen. „Alles war eins“, sagte Scherf und plötzlich sei die Absage gekommen. Scherf: „Ich denke, das ist nicht das Ende der Anstrengungen.“

Zuvor hatte CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer Scherf scharf kritisiert. Er habe Rühe „peinliche Vorschläge“ für den Ort des Gelöbnisses unterbreitet, die der Verteidigungsminister „konsequenterweise“ abgelehnt hätte. Wie berichtet, hatte Scherf vorgeschlagen, das Gelöbnis in der Oberen Rathaushalle abzuhalten. Ob Scherf „ein falsches Spiel“ gespielt habe, um das Gelöbnis zu verhindern, weil er seine Position in der SPD nicht durchsetzen konnte, könne er nicht sagen. Er sei jedenfalls „enttäuscht“. „Die Bundeswehr ist uns willkommen“, sagte Neumyer weiter und sprach sich für die Möglichkeit aus, das Gelöbnis im „nächsten Jahr“ abzuhalten. „Schaun wir mal“, kam der Zwischenruf aus den Reihen der SPD.

Hartmut Perschau, Bremens zweiter Bürgermeister und früher Major bei der Bundeswehr, stellte sich dagegen hinter Scherf. Das Debakel um das öffentliche Gelöbnis sei der „letzte Akt eines sozialdemokratischen Trauerspiels“, so Perschau. Er und Scherf hätten den „Mut und die Kraft der Sozialdemokraten überschätzt“. Der SPD-Landesvorstand hätte die Gelöbnis-Pläne mit seinen Beschlüssen „unterlaufen“ und sich „in alte ideologische Fluchtburgen“ zurückgezogen. Die SPD habe ihren Bürgermeister „alleingelassen“.

CDU-Landeschef Bernd Neumann, der das Gelöbnis im Januar ohne vorherige Absprache mit der SPD angekündigt hatte, hätte sich „verrannt“, sagte Horst Isola (SPD). Aber, so Isola: „Noch ist nicht aller Tage Abend.“

Rühe habe mit dem Gelöbnis in Bremen nichts anderes geplant als ein militärisches Spektakel vor „Zigtausenden“, sagte Hermann Kuhn (Grüne). Aufgrund des zu erwartenden Publikums sei ihm Bremen „nicht gut genug“ gewesen. CDU und SPD seien bei der Frage des Gelöbnisses „auf halben Weg stehengeblieben“, sagte Andreas Lojewski (AfB). Die Wählerinitiative hatte das Thema in die Aktuelle Stunde eingebracht, weil sie an dem Scheitern des Öffentlichen Gelöbnisses eine Koaltionskrise zu erkennen glaubte. Scherfs Argumente überzeugten Lojewski offenbar nicht. „Reden wir den Widerstand nicht herbei. Brandstifter ernten auch Brände.“ kes