„Booger wollte mich mit 'nem Dealer verkuppeln“

■ Die Regisseurin Danielle Gardner über die Entstehung ihres Basketballfilms „Soul in The Hole“

Danielle Gardner (33) ist zwar gebürtige New Yorkerin, begann aber ihre Karriere als Dokumentarfilmerin in London, wo sie acht Jahre lang u.a. für die BBC und Channel 4 arbeitete. Als sie zurück in ihre Heimatstadt kam, „fiel mir erst auf, wie groß die schwarze Bevölkerung ist“. Sie wollte eine Dokumentation drehen, die „das hektische, wirkliche Leben einfängt“. Den Basketball, wie er auf den Freiplätzen gespielt wird, hält sie für „eine Art Subkultur“. Nach einem ganzen Jahr Recherche folgten Gardner und ihr Team den Kenny's Kings drei heiße Sommermonate lang durch New York.

taz: Hatten Sie als weiße Frau Probleme bei der Recherche in einer schwarzen Community, die von Machoritualen dominiert wird?

Gardner: Wenn ich ehrlich bin, muß ich zugeben, daß es nicht schwer war. Die Leute fanden es zwar komisch, daß ich da war, und haben mich angestarrt. Aber es gab überhaupt keine Aggressionen. Ich denke, eine Frau zu sein, hat eher geholfen. Booger [die Hauptfigur des Films; Anm. d. A.] hat mich zwei Tage lang nur angestarrt. Dann hat er gesagt, du bist okay. Von da an hat er mir völlig vertraut und mich überall mit hingenommen. Er wollte mich mit einem Dealer verkuppeln. Ich sagte, ich will mich nicht mit dem treffen, aber er meinte nur, der hat doch eine Menge Geld. Überhaupt hat der Film eine weibliche Sichtweise, die vielen nicht auffällt. Fast alle sagen, es geht in dem Film ums Gewinnen, was eher eine männliche Sicht der Dinge ist, wenn man denn kategorisieren will. Aber ich war eher an der Leichtigkeit des Spiels und der Kreativität interessiert.

Im Film kommen Frauen nur als Mütter oder schmückendes Beiwerk vor. Gibt es keine Turniere für Mädchen?

Seit die beiden Frauenprofiligen so überraschend erfolgreich sind, ist plötzlich auch mehr Geld da für Frauenbasketball. Während der Turniere gibt es nun immerhin jeden Tag ein Spiel für Frauen. Aber als ich den Film drehte, gab es überhaupt nichts.

Was waren die größten Probleme während der Dreharbeiten? Daß Leute wie Booger nicht sonderlich verläßlich sind?

Das ist richtig. Booger allerdings kam immer. Er war meistens zu spät, aber er kam immer. Ein Problem war, ein Kamerateam so schnell zu bewegen, daß es mit 18jährigen mithalten kann. Man weiß nie, was sie tun werden. Ich wollte ja nicht, daß sie sich für den Film verbiegen. Also mußte die Crew hinterherhetzen. Es war sehr anstrengend: Es war wirklich sehr heiß, die spielen drei Spiele am Tag, und man versucht sie dazwischen abzupassen. Im Juli waren wir schon völlig erledigt.

Sie haben jedes Spiel gefilmt?

Gewöhnlich schon. Man weiß ja nie, was passieren wird. Wir mußten auch jede Menge interessante Sachen rausschneiden, sonst wäre der Film zu lang geworden. Ich habe fast einen ganzen Film über Charles Jones [ein anderer Spieler der Kenny's Kings; Anm. d. A.] gemacht. Aber ich habe das wieder rausgenommen, weil ich nicht zwei Kids wollte, denn das hätte automatisch Vergleiche zwischen den beiden provoziert. Statt dessen habe ich beschlossen, mich auf Boogers Geschichte zu konzentrieren. Allerdings habe ich manchmal gedacht: Was zum Teufel mache ich bloß, die gewinnen ja jedes Spiel. Das wird der undramatischste Film der Welt.

Bei einem Spiel wird die Atmosphäre gewalttätig und ist vorm Überkippen. War das normal?

Nein, dieses Spiel war verrückt. Sogar Kenny war sehr nervös. Er nahm während des Spiels seinen Schmuck ab und gab ihn jemand, der ihn nach Hause bringen sollte. Aber man hört sehr selten von Gewalt, die aus einem Spiel heraus entsteht. Meistens passiert das außerhalb. Booger war mal in einem Spiel dabei, und nebenan gab es eine Schießerei, die Leute sind dann quer durch das laufende Spiel geflüchtet. In der Presse wurde das dann so dargestellt, als wäre die Gewalt aufgrund des Spiels entstanden. Es ist faszinierend zu sehen, wie hitzig die Coaches werden und wie wenige Zwischenfälle es doch gibt. Ich weiß auch nicht, woran das liegt, aber die sind nicht mehr sie selbst. Die sind am Diskutieren und Streiten, während die Spieler auf dem Platz rumliegen oder mit den Mädchen quatschen.

Haben Sie Basketball gespielt?

Weder ich noch Lilibet Foster haben jemals Basketball gespielt. Auch die Crew hatte keine Ahnung. Mein Vater hat mich öfter zu Profispielen mitgenommen. Aber ich mag das Profispiel eigentlich nicht, das ist mir zu statisch. Ich mag eher die Highschool-Spiele, da ist viel mehr Energie. Interview: Thomas Winkler