0:3 gegen Fischer-Menzel

■ Malaria-Skandal: Gesundheitssenatorin wird Klinik-Chef nicht los / Tropenmediziner darf weiterarbeiten Von Clemens Gerlach

Sie wird ihn einfach nicht los. Auch mit dem dritten Anlauf, den langjährigen Leiter der Klinischen Abteilung des Bernhard-Nocht-Instituts (BNI), Professor Manfred Dietrich, fristlos zu kündigen, ist Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel gescheitert. Gestern nachmittag verurteilte das Hamburger Arbeitsgericht die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), den seit Dezember 1994 beurlaubten Tropenmediziner am BNI weiterzubeschäftigen.

Die Behörde wirft Dietrich vor, am Tod von fünf Malaria-Patienten in den Jahren 1991 und 1992 mitschuldig zu sein: Er habe die Schwerkranken erst dann auf die Intensivstation des Allgemeinen Krankenhauses Altona verlegen lassen, als es schon zu spät gewesen sei. Zudem soll Dietrich, der trotz seiner Suspendierung weiterhin Privatpatienten am BNI behandeln darf, mehrere Malariakranke ohne deren Wissen in Medikamentenversuche miteinbezogen haben. Der 57jährige bestreitet die Vorwürfe. Ein Vergleichsangebot der BAGS – das Recht, für drei Jahre Privatpatienten am BNI behandeln zu können und 1,2 Millionen Mark Abfindung – lehnte er gestern ab.

Die Behörde stützt sich auf ein Gutachten des Münchner Tropenmediziners Prof. Dieter Eichenlaub. Der hatte dem BNI zwar ein Fehlverhalten attestiert, zugleich aber dessen schlechte Ausstattung moniert. Sollte die nicht verbessert werden, seien ähnliche Vorkommnisse „auch künftig prinzipiell nicht vermeidbar“.

Das Arbeitsgericht konnte gestern hingegen bei Dietrichs Tätigkeit als Klinikleiter kein „hinreichendes Organisations- bzw. Handlungsverschulden“ feststellen. Ein „dringender Verdacht“ hinsichtlich der Durchführung einer nicht genehmigten Medikamentenstudie bestehe ebenfalls nicht. Ihm sei jedoch „nicht ausreichend Gelegenheit gegeben worden, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen“.

In seiner Entscheidung, auch die dritte fristlose Kündigung vom 16. Mai 1995 für nichtig zu erklären, hat die 13. Kammer unter Vorsitz von Arbeitsrichter Ilbert Albers erstmals auch inhaltlich zu den Vorwürfen gegenüber Professor Dietrich Stellung genommen. Die früheren fristlosen Kündigungen waren aus rein formalen Gründen für unwirksam erklärt worden. Bei der ersten vom 31. Januar hatte BNI-Direktor Müller-Eberhard keine Vollmachtsurkunde der BAGS vorgelegen; er hätte das Kündigungsschreiben gar nicht unterzeichnen dürfen. Der zweite Versuch vom 10. Februar scheiterte an einem Fristversäumnis.

Die BAGS wollte gestern zu der erneuten Niederlage keine Stellungnahme abgeben. Auch die Frage, „ob eine Berufung sinnvoll und aussichtsreich ist“, werde erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung entschieden.