„Ohne Wasser stinken wir“

Erstmalig: Arbeitslose betreiben Hotel für Olympiaschwimmer. Eröffnung in Dulsberg von Protesten gegen Freibadschließung begleitet  ■ Von Silke Mertins

„Eins, zwei, drei, vier – ohne Wasser stinken wir!“ Mit diesem Protestgeheul begrüßten gestern Dulsbergs Schulkinder Hamburgs Ersten Bürgermeister Ortwin Runde (SPD). Der war eigentlich gekommen, um Europas erstes „Arbeitslosen-Hotel“ feierlich zu eröffnen. Doch an der Demonstration jugendlicher Empörung gegen die befürchtete Schließung des Freibades kam er nicht vorbei.

„Wissen Sie eigentlich, daß Dulsberg ein sozial schwacher Stadtteil ist?“ fragte eine 16jährige den Stadtchef. Runde wußte es. „In zwei Jahren kann ich wählen!“, drohte die Schülerin. Runde versprach, das drohende Aus des Freibades zur Chefsache zu machen und mit der Bäderland GmbH zu sprechen. „Es kann nicht sein, daß ein Stadtteil wie Dulsberg ohne Freibad ist,“ so Runde.

Der Geschäftsführer der Bäderland GmbH, Klauspeter Schelm, bestreitet, daß die Schließung beschlossene Sache ist. Das Freibad sei allerdings immens teuer, und „wenn uns die Stadt den Geldhahn zudreht“, müsse zwangsläufig über eine veränderte Nutzung nachgedacht werden. „Zum Beispiel einen Wasserpark, von dem viel mehr Leute etwas hätten als nur die Schwimmer.“

Die Dulsberger sind auch deshalb ungehalten, weil sie bereits auf ihr Hallenbad verzichten mußten. Das wurde zu einem Olympiastützpunkt für Schwimmer umgebaut. Damit genau diese Leistungssportler künftig ein wassernahes Dach über dem Kopf haben, wurde nun von der städtischen Beschäftigungsgesellschaft „Hamburger Arbeit“ (HAB) für 2,8 Millionen Mark das Hotel „Aqua Sport“ gebaut. „Wir hatten heute nacht die ersten Gäste“, freut sich HAB-Chef Detlef Scheele.

Eine der insgesamt 31 SozialhilfeempfängerInnen, die nun einen Job haben, ist Heike Cheah. 14 Jahre war sie Hausfrau und Mutter. Eine Ausbildung hat sie nicht, dafür jetzt, nach sechswöchiger Schulung in Sachen „der Kunde ist König“, eine Arbeit als Zimmerfrau. Das quadratisch-praktische Hotel – ganz in türkisblau und weiß gehalten – bietet den SportlerInnen über die Dachterrasse einen direkten Zugang zum Olympiakomplex. Aber für 136 Mark pro Doppelzimmer können sich auch normalkraulende Gäste einquartieren.

Bürgermeister Runde ist von dem Zusammentreffen „hochbegabter Sportler und sozial benachteiligter Menschen“ ganz hingerissen. Das habe sein Parteifreund aus dem SPD-Filz-Kreis-Nord, HAB-Geschäftsführer Scheele, „toll hinbekommen“.