Da könnte ja jeder kommen...

■ Streit in Karlsruhe: Solarkollektoren stören das Bild einer denkmalgeschützten Fassade. Aber die Aufstockung wurde genehmigt

Als Siegfried Weber, Hotelbesitzer aus Karlsruhe, vor 10 Jahren die Häuser Stephanienstraße 38 und 40 kaufte, war der Abriß zumindest von Nummer 38 beschlossene Sache. „Nicht denkmalwürdig“ hatte das Landesdenkmalamt bereits 1982 befunden. Lediglich die Fassade der Nummer 40 sei erhaltenswert. Siegfried Weber jedoch wollte retten, was zu retten war. Die Fassaden und die komplette vordere Haushälfte sollten stehen bleiben, den Kern sowie den hinteren Teil des Gebäudes wollte er neu gestalten. Hinter der historischen Fassade soll ein Fünf- Sterne-Hotel entstehen. Für sein „Traumhotel“ will Weber, der sich schon lange für den Einsatz umweltschonender Techniken engagiert, alternative Energiequellen nutzen. Auf die Dächer sollte eine Solaranlage installiert werden, die das ganze Hotel mit Warmwasser und Heizung versorgt. Auf die bereits genehmigte Aufstockung wollte Weber dafür verzichten.

Doch er hatte die Rechnung ohne das Landesdenkmalamt gemacht. Da die Fassade des Gebäudes unter Denkmalschutz steht, sei für das Anbringen der Solarkollektoren eine Genehmigung erforderlich, hieß es von dieser Seite. Und genau die wollte die Behörde nicht erteilen. Begründung: Durch die Solaranlage werde das historische Ensemble gestört und das Erscheinungsbild der Häuser erheblich beeinträchtigt. Gegenüber einer Fernsehanstalt verstieg sich Professor Eckart Hannmann, Leiter der Außenstelle Karlsruhe des Landesdenkmalamtes, sogar zu der Bemerkung, die Sonnenkollektoren seien ein absoluter Fremdkörper im Erscheinungsbild der Kulturdenkmäler und eine „Verschmutzung der Umwelt“. Und überhaupt: Da könne ja jeder kommen und womöglich auch noch auf die Karlsruher Stadtkirche Sonnenkollektoren bauen.

Für Weber, der Sonnenkollektoren auf Kirchendächern „gar nicht schlecht“ fände, ein Beweis dafür, wie borniert mit dem Konflikt Umweltschutz–Denkmalschutz umgegangen wird. „Der Einsatz regenerativer Energien trägt doch gerade dazu bei, daß Denkmäler nicht weiter durch schädliche Umwelteinflüsse zerfressen werden“, argumentiert er. Außerdem: Daß zwar eine Aufstockung genehmigt wurde, nicht aber das Aufstellen von Sonnenkollektoren, will ihm nicht in den Kopf. Merkwürdig findet er auch, daß die Satellitenschüsseln auf dem Haus nebenan geduldet werden. Dagegen allerdings könne man nichts machen, das sei durch die Informationsfreiheit gedeckt, mußte sich Weber vom Denkmalamt sagen lassen.

Im Falle der geplanten Solaranlage dagegen stellte sich das Denkmalamt stur. Auch Webers Kompromißvorschlag, auf Kollektoren beim Haus Nummer 40 zu verzichten und eine verkleinerte Version auf dem neuen Flachdach der 38 vorzusehen, fand keine Gnade vor den Augen der strengen Denkmalshüter. Für Weber eine absurde Haltung: „Die Solaranlage soll doch auf das Flachdach, das ist sowieso ein Neubau und eine Solaranlage somit gar nicht genehmigungspflichtig.“ Dazu das Rechtsreferat der Stadt in einer Stellungnahme vom 9. Februar: „Das Landesdenkmalamt bleibt bei seiner Ablehnung der Kollektoren, da diese zu einer Erhöhung der Dächer und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes beider Häuser führen. Die Kollektoren haben eine Verbindung mit den denkmalgeschützen Gebäuden. Daran vermag die Tatsache nichts zu ändern, daß sie an das bestehende Dach anschließen und lediglich technisch auf dem Neubauteil befestigt sind.“

In den Augen Webers eine bürokratische Gängelei, die seinesgleichen sucht. „Statt umweltschonende Techniken zu fördern, werden mir von den Behörden nur Steine in den Weg gelegt“, empört er sich. Er sieht in diesem Fall den Umweltschutz völlig unnötigerweise durch den Denkmalschutz ausgehebelt. Aber so schnell wollte der Hotelier nicht aufgeben. Um zu demonstrieren, daß diese Solaranlage von der Straße aus praktisch nicht zu sehen wäre, baute er eine Attrappe aufs Dach — was zwar in der Presse große Resonanz fand, dem findigen Unternehmer aber noch mehr Ärger mit den Behörden bescherte. Daß er sich damit bei den Ämtern der Stadt nicht unbedingt beliebt macht, weiß Weber. Zumal er noch andere unorthodoxe Ideen auf Lager hat. Auch umweltschonende Errungenschaften wie die Heliostatentechnik, durch die Tageslicht mit Hilfe eines Spiegels in das Innere des Gebäudes geleitet wird, sollen im neuen Hotel eingesetzt werden. Weber: „Ich sehe es schon kommen, daß dann behauptet wird, das würde blenden.“ Für den Bauherrn ist das eine Gratwanderung: „Wenn ich für eine Sache zu sehr trommle, revanchieren sie sich mit anderen Restriktionen. Will ich ein Vorhaben genehmigt bekommen, muß ich bei einem anderen Kompromisse machen.“

Siegfried Weber hätte es für seine Solaranlage nach eigenen Angaben auf jeden Gerichtsprozeß ankommen lassen. Derzeit sieht es so aus, als ob das nicht nötig sein wird und das Bauamt die abgespeckte Variante schluckt. Ein Kompromiß, der für Weber „besser ist als nichts“, vom Landesdenkmalamt aber nur zähneknirschend hingenommen wird. Das Wirtschaftsministerium als die dem Landesdenkmalamt vorgesetzte Behörde hat nämlich die Entscheidung gegen die Solaranlage kürzlich kassiert und den Bau genehmigt. Die Förderung umweltfreundlicher Technologien gehe in diesem Fall vor, heißt es. „Das müssen wir akzeptieren, aber für mich bleibt es dabei: Es ist eine Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals“, sagt Denkmalschützer Eckart Hannmann. Sprengstoff wird es in Karlsruhe also weiterhin geben. Birgit Leiß