Frauen für Europa

■ Das Pokalfinale der Frauen hat in seiner medialen Bedeutung den Meistertitel überholt

Berlin (taz) – „Der Pokal ist eine wunderbare Sache“, soll Franz Beckenbauer kürzlich gesagt haben, „solange man ihn nicht gewinnt.“ Im Gegensatz zum Finale der Männer steigt das weibliche DFB-Pokalendspiel in Berlin (15.45 Uhr, ZDF) ständig in der Bedeutung für die beteiligten Vereine. Dem gerade vorzeitig Deutscher Meister gewordenen FSV Frankfurt bringt der heutige Auftritt im Olympiastadion ebenso 100.000 Mark ein wie dem Finalgegner, dem Bundesligadritten FCR Duisburg. Für manch einen durchschnittlichen Bundesligisten in der neuen eingleisigen Frauenbundesliga wäre das ein gesamter Jahresetat.

Ein Blick auf die letzten Jahre zeigt: Der FSV Frankfurt war fünfmal in Berlin seit 1990, ebenso der TSV Siegen. Grün-Weiß Brauweiler, die Doublegewinnerin des letzten Jahres, war auch schon viermal da. Diese drei Teams sind die Großverdiener im Frauenfußball. Derzeit kann nur der Bundesligazweite SG Praunheim aus Frankfurt mithalten und der Vizemeister des Vorjahres, FC Rumeln, der sich aus Gründen der besseren Vermarktung vor kurzem in FCR Duisburg umbenannt hat.

„Das Pokalendspiel hat der Deutschen Meisterschaft längst den Rang abgelaufen“, sagt Jürgen Krust, der Duisburger Trainer. Diese Tendenz verstärke sich schon seit einigen Jahren. Frankfurts Coach Jürgen Strödter bestätigt diese Sicht, fügt jedoch hinzu: „Sportlich wertvoller ist für mich die Meisterschaft.“ Für die Kasse und die Darstellung in der Öffentlichkeit aber sei das Pokalfinale unverzichtbar. Nicht zuletzt, weil der DFB die Veranstaltung zum Doppel-Event mit den männlichen Profis gemacht habe, profitiert der Frauenfußball davon, daß die Medienvertreter eh schon anwesend sind.

Das haben auch die Wirtschaftsunternehmen bemerkt. Auch dank des Imagegewinns durch die Erfolge der Nationalfrauschaft, deren Länderspiele mittlerweile 7.000 und mehr Fans locken und vom Fernsehen live übertragen werden, waren die Frauentrikots als Werbefläche stärker gefragt als je zuvor. Bei den „Löwinnen“ aus Duisburg war das Interesse angesichts des Doppelpacks mit den „Zebras“ vom MSV besonders groß. „Es gab zahlreiche gute Angebote“, sagt FCR-Manager Jochen Zufall, die er mit „im Schnitt 70.000 Mark“ dimensioniert. Als ein Kondomhersteller anfragte, gab es jedoch nasse Füße. Beim DFB sträubt man sich zwar nicht mehr offiziell wie seinerzeit im Fall des FC Homburg, aber immer noch wird so etwas dort nicht gern gesehen. Am Ende konnte der FCR zumindest seinen üblichen Saisonsponsor zweimal zu einer Erhöhung bewegen.

Auch am FSV Frankfurt herrschte großes Interesse. Die Folge: Der FSV ließ den Vertrag mit einem Sportartikler auslaufen und kooperiert fortan mit einem Autoriesen aus Japan, der schon im Olympiastadion auf der Brust präsent ist. „Überregionale Partner haben noch Seltenheitswert.“ Zahlen nennt Strödter nicht, aber gibt sich ansonsten „hochzufrieden“. Daß er mit den Europameisterinnen Birgit Prinz (zur SG Praunheim) und Sandra Smisek (zum FCR Duisburg) die beiden besten Toremacherinnen der Liga verliert, ärgert ihn zwar. Doch Strödter meint: „Im Frauenfußball überschlägt sich finanziell derzeit manches. Wir werden beim FSV weiter Schritt für Schritt gehen, ohne eine Stufe auszulassen.“ Im Fall von Birgit Prinz lockte Geld, bei Sandra Smisek waren es Geld und ein Ausbildungsplatz.

Die positive Entwicklung läßt den DFB aufhorchen. Bislang war er stets gegen einen weiblichen Europapokal. Jetzt vollzieht er auf der Uefa-Konferenz im Oktober in Barcelona die Kehrtwendung, „um mehr Anreize für die Bundesliga zu schaffen. Es kann nicht sein, daß die Frauen im Handball, Basketball und Hockey international spielen, und wir als größter Verband das nicht schaffen“, sagt Willi Hink. Der ist als Boß der DFB-Abteilung „Spielbetrieb“ auch so etwas wie der Chef des Frauenfußballs. „Wir werden unsere Argumente mit den Erkenntnissen einer Diplomarbeit stützen und auch für eine weibliche U 16-EM votieren.“ Kein Wunder: Bei der ersten U 18-EM hat sich der weibliche Nachwuchs gerade für die Spiele um die Medaillen qualifiziert. Rainer Hennies