Wie die Schule zu den Eltern kommt

■ In Hamburg wurde ein Film über die bessere Integration von Roma- und Sinti-Kindern an Schulen vorgestellt

Eine Szene aus dem Schulalltag: Mädchen und Jungen kommen aus dem Klassenzimmer. Zum Spielen gehen sie aber nicht auf den Schulhof, sondern in ein Zimmer, in dem eine Frau mit ihnen in ihrer Muttersprache spricht. Dies ist ein Ausschnitt aus dem Film „Schule ist für uns wie der Beginn eines neuen Lebens“, der am Donnerstag abend in der Schule Friedrichstraße auf St. Pauli den Eltern von Roma- und Sinti-SchülerInnen vorgeführt wurde.

Die Frau in der Filmszene ist Sinti und war als Kind auf einer Förderschule, wie viele ihrer Landsleute. „Das haben wir erst gemerkt, als wir das Schild am Eingang lesen konnten“, erinnert sie sich. Heute betreut sie Roma- und Sinti-Kinder an der Mathias-Claudius-Schule in Kiel. „Wir geben den Kindern das Vertrauen, das sie bei Mitschülern und Lehrern nicht finden.“

„Wir wollen den Eltern von Roma- und Sinti-Kindern bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Schule helfen“, sagt Mareile Krause vom Hamburger Institut für Lehrerfortbildung (IfL). „Die Mehrzahl der Kinder geht noch immer auf eine Sonderschule, und die meisten Eltern sind Analphabeten.“

Der Film wurde in den unterschiedlichen Landessprachen von Roma und Sinti aus Westeuropa, dem ehemaligen Jugoslawien und Polen in Kiel, an drei Hamburger Schulen und an einer Sinti-Schule im holländischen Best gedreht. „Wenn die Eltern nicht zur Schule kommen, muß die Schule eben zu ihnen kommen“, sagt deren Gründerin Lalla Weiß.

Denn „das Problem“ liege in der Schule, glaubt einer der Darsteller, Stefan Glowacki aus Polen, Lehrer an der Schule Friedrichstraße. „Weil für die meisten Kinder der Besuch einer Förderschule negativ klingt, kommen sie lieber gar nicht.“ Ein anderer Mitwirkender, Dragutin Petrovic aus Serbien, arbeitet seit vier Jahren als Lehrer an der Schule Laeizstraße im Karo-Viertel in gemischten Lerngruppen aus romanesischen, türkischen und deutschen Kindern. „Ich habe die Kinder von der Straße geholt und überzeugt,“ sagt er stolz. Inzwischen kämen sie „freiwillig“ zum Unterricht. „Dragutin ist für unsere Schule ein Geschenk“, lobt seine Kollegin Inga Bethke-Brenken. „Seit die Kinder in ihrer Muttersprache alphabetisiert werden, hat sich ihre Lese- und Schreibfähigkeit in Deutsch erheblich verbessert.“

Die Erfahrungen an der Friedrichstraße sind ähnlich. „Wir waren hilflos im Umgang mit den Roma- und Sinti-Kindern, es gab immer wieder Reibungspunkte“, gibt Schulleiterin Jutta Warlies zu. Von Kollegen wie Stefan Glowacki „haben wir viel gelernt“. Zum Beispiel das, was die 16jährige Schülerin Konstancja so ausdrückt: „Früher waren die Deutschen auf dem ersten Platz, jetzt sind die Lehrer netter zu uns geworden.“ Birgit Strietzel

Der Film kann bundesweit über das IfL ausgeliehen werden