Neue Jobs durch Windkraftpark – ohne Proteste

■ Berliner Anlagenbauer produziert in Nordrhein-Westfalen. Bundeswehr läßt abreißen

Paderborn (taz) – Am Samstag wurde der größte Windpark im europäischen Binnenland in Lichtenau-Asseln im Kreis Paderborn eingeweiht. 62 Anlagen mit einer technischen Nennleistung von 36 Megawatt produzieren sauberen Strom für über 20.000 Haushalte – mit Unterstützung der Menschen vor Ort. „Bei der Realisierung des Projektes gab es kaum Probleme“, erklärt Johannes Lackmann, Geschäftsführer der Asselner Windkraft Betreibergesellschaft.

Mit ein Grund dafür, weshalb der Bau des 70 Millionen Mark teuren Windparks von der Bevölkerung und auch von den Behörden unterstützt wurde, ist die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Region gewesen. Rund drei Millionen Mark investierte der Berliner Mühlenbauer „Südwind Energiesysteme“ in den Bau einer Fertigungshalle im Lichtenauer Gewerbegebiet Leihbühl. Seit Ende vergangenen Jahres läuft die Produktion. Südwind will jährlich 60 bis 100 Anlagen der 600- und 750-kW-Klasse herstellen.

Rund 15 zukunftssichere Arbeitsplätze sind geschaffen worden. „Wir haben fast nur Leute eingestellt, die entweder schon arbeitslos oder schon gekündigt waren“, meint Niederlassungsleiter Peter-Heinrich Boysen. Zahlreiche Zulieferer aus der Region profitieren von den gut gefüllten Auftragsbüchern des Anlagenherstellers. Die ersten acht Windräder made in NRW wurde im benachbarten Asselner Windpark aufgebaut. Mit weiteren Kunden rechnet Boysen aus den nahe gelegenen Windparks in Henglarn und Madfeld/Bleiwäsche. Außerdem läuft das Exportgeschäft gut an. Aufträge aus Indien, Spanien und Ägypten sorgen für eine Auslastung der Kapazitäten. Aufträge für rund 20 Millionen Mark gehen an Zulieferer in der Umgebung. Das sichert Arbeitsplätze und garantiert Gewerbesteuereinnahmen. Im Düsseldorfer Bauministerium gilt Lichtenau als Paradebeispiel für die Innovationsfähigkeit der Windkraftbranche.

Im benachbarten Kreis Höxter gibt es hingegen Schwierigkeiten mit einem besonderen Anwohner der Windanlagen, der Bundeswehr: Beim Ort Borgentreich produzieren zwei Windmühlen im Schatten einer Radaranlage aus den 50er Jahren Ökostrom. Die beiden Windmühlen würden den klaren Blick der Bundeswehr Richtung Osten trüben. [Als wenn es dazu der Windmühlen bedürfte! d. sin] Die Dinger müssen weg, so die zuständige Wehrbereichsverwaltung in Düsseldorf. 3,8 Millionen Mark haben die Landwirte Lothar Vössing und Josef Wolf in das Projekt gesteckt, 400.000 schoß das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium hinzu.

Ende April erklärte die Bundeswehr gegenüber dem eigens angereisten fünfköpfigen Petitionsausschuß, man wolle ein Gutachten der Daimler-Benz Aerospace (Dasa) abwarten. Von wegen. „Ich habe am Freitag erfahren, daß die Bundeswehr ihr Versprechen nicht hält und nun die Mühlen abreißen will“, sagt Lothar Vössing. Auch Christa Nickels (Bündnis 90/ Die Grünen), Vorsitzende des Petitionsausschusses, ist sauer. Die Bundeswehr kümmert's wenig. Sie will heute mit der Abrißbirne nach Borgentreich kommen. Michael Franken