Strahlende Fracht

■ Atommüll-Transport aus dem AKW Brunsbüttel war radioaktiv verseucht

Mindestens einer der elf deutschen Atommüll-Transporte, die 1997 von den französischen Behörden wegen erheblicher radioaktiver Verseuchung beanstandet wurden, stammte aus dem AKW Brunsbüttel. Das bestätigte gestern Schleswig-Holsteins Energieminister Claus Möller (SPD). Die strahlende Fracht hatte Brunsbüttel am 15. Juli 1997 mit dem Ziel französische Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) La Hague verlassen. Deren Betreiberin „Cogema“ stellte am Transportcontainer eine radioaktive Belastung (Kontamination) von 2200 Becquerel (Bq) pro Quadratzentimeter fest. Der zulässige Grenzwert liegt bei vier Bq.

Ob der Behälter leck war und wann die Radioaktivität austrat, ist – wie bei den anderen Transporten auch – ungeklärt: Sowohl vor und nach dem Beladen in Brunsbüttel habe der TÜV die Waggons geprüft. An keiner der 17 vorgeschriebenen Meßstellen sei der Grenzwert überschritten gewesen. Die französischen Behörden dagegen hätten die starke Strahlung „in einer nicht den Prüfvorschriften vorgesehenen Position festgestellt“. Soll heißen: Es wurde – möglicherweise zufällig – an Punkten gemessen, die in Deutschland nie untersucht werden. Daher läßt sich im nachhinein nur schwer sagen, ob die Radioaktivität erst auf dem Weg auftrat oder bereits in Brunsbüttel existierte.

Für den Energieminister kein Grund zur Beruhigung: Es sei „völlig unverständlich“, rüffelte Möller Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU), weshalb diese „zehn Monate“ benötige, „diese skandalöse Grenzwertüberschreitung den zuständigen Länderbehörden mitzuteilen“. Möller forderte, den Stopp sämtlicher Atomtransporte so lange aufrechtzuerhalten, bis die Ursache für die Strahlenbelastung geklärt und nachprüfbar Abhilfe geschaffen sei. Ferner sei die Wiederaufarbeitung im Ausland zu verbieten. Kiel fordert eine direkte Endlagerung in Deutschland.

Die GAL forderte gestern, durch Gutachter die Ursache der erhöhten Strahlenwerte ermitteln zu lassen. Da durch den Transport-Stopp der Entsorgungsnachweis für AKWs nicht mehr gegeben sei, stehe die Betriebserlaubnis aller Reaktoren auf der Kippe. Heike Haarhoff