Erfolgreiche Einstiegshilfe für die Arbeit beim Wunschbetrieb BBJ

■ Seit zehn Jahren hilft die Qualifizierungsgesellschaft BBJ Jugendlichen beim Einstieg ins Berufsleben. Gefördert wird die Eigenständigkeit der jährlich 800 Programmteilnehmer. Sie müssen sich ihren zukünftigen Arbeitgeber selber suchen

Die Selfmade-Designerin Susi Fey hat schon fünfmal ja gesagt. Der erste, der 1989 im Rahmen des neugegründeten Programms BBJ 501 in ihren Laden „Clamotti“ kam, war „super“, hat viel gelernt und war auch für das Geschäft drei Jahre lang eine echte Bereicherung. Die letzte blieb exakt zwei Tage, „dann rief sie an und sagte, sie komme mit dem Klima nicht klar. Keine Ahnung, wie sie das so schnell herausgefunden hat.“

Es ist nicht die einfachste Klientel, die bei den Betrieben um einen Arbeitsplatz bittet: Alle waren mindestens ein Jahr lang arbeitslos. Kaum einer hat eine Berufsausbildung, viele haben diverse Lehren abgebrochen. Drogenkarrieren sind nicht selten. Alles in allem ist Susi Fey dennoch eine zufriedene Arbeitgeberin. „Solche Initiativen ersparen einigen Leuten echt ein paar Jahre Kampf.“ Sie weiß, wovon sie spricht. Bevor sie sich mit zwei Läden in Prenzlauer Berg und Leipzig selbständig machte, schlug auch sie sich auf der Straße durchs Leben. Ihre Schneiderkarriere begann auf dem Flohmarkt. „Ich hab' irre viel Glück gehabt. Das hat aber nicht jeder.“

Seit genau zehn Jahren hilft die BBJ Service gGmbH Jugendlichen beim (Rück-)Weg ins Berufsleben. Nach den ersten 1.-Mai-Krawallen am Lausitzer Platz im Jahre 1987 entstand die Idee, einen Verein zur Förderung kultureller und beruflicher Bildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu gründen. Wenig später wurde das „Programm 501“ ins Leben gerufen. Die Zahl stand für die Anzahl der jährlich finanzierten Teilnehmer. Seit BBJ auch im Ostteil tätig ist, heißt es BBJ 501/301. Finanziert wird es von der Senatsverwaltung für Soziales, dem Bundesfamilienministerium sowie mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds.

Anders als andere 80er-Jahre- Projekte, die vor allem auf Beschäftigungstherapie setzten, orientierte sich BBJ am Arbeitsmarkt. Wer zu BBJ kommt, muß sich selbst überlegen, was er mit seinem Leben machen möchte. Die Mitarbeiter beraten nur. Gründlich „gebrieft“, marschiert der Teilnehmer selbst in seinen Wunschbetrieb und bittet um einen Arbeitsplatz. Sein Trumpf: BBJ übernimmt im ersten Jahr 100, im zweiten 75 und im dritten Jahr 50 Prozent der Lohnkosten. Dafür darf der Chef keinen Regelarbeitsplatz ersetzen und muß bis zu 20 Prozent der Arbeitszeit für Aus- und Weiterbildung erlassen. Eine Berufsausbildung bekommen die Jugendlichen zwar nicht, dafür aber einen „Qualifizierungspaß“.

Die Bilanz kann sich sehen lassen. Über fünftausend Jugendliche fanden seit 1988 mit Hilfe der BBJ- Gelder einen Arbeitsplatz. Sechs von zehn BBJlern werden vom Betrieb übernommen. Andere machen sich selbständig oder arbeiten als freie Mitarbeiter weiter. Lediglich 5 Prozent sind nach den drei Jahren erneut arbeitslos.

Beliebt ist vor allem die Medienwelt: Hier arbeitet jeder fünfte BBJler. Fast ebenso viele kommen in Handel und Handwerk unter. Die Bandbreite der angeschlossenen Unternehmen hat stetig zugenommen. „Inzwischen ist fast alles dabei“, sagt Projektleiterin Susanne Kretschmer. „Blumenverkäufer, Friseure, Graphiker, Zahnärzte.“ Fast immer handle es sich um kleine bis mittlere Unternehmen. „Einen BBJler zu übernehmen bietet sich vor allem an, wenn man expandieren will, aber sich noch keine weitere Arbeitskraft leisten kann“, so Kretschmer.

Für die meisten sei ausschlaggebend, daß der Jugendliche sich persönlich vorstelle. „Unsere Leute haben Betriebe akquiriert, die nicht einmal auf Besuche von Arbeitsvermittlern reagieren“, erzählt Kretschmer. Daß es dann manchmal doch nicht klappt, führt Susi Fey vor allem auf die völlige Freiheit bei der Arbeitsplatzsuche zurück. „Den Leuten stand ihr Leben lang nichts offen“, sagt sie, „und plötzlich steht ihnen alles offen.“ Damit seien viele überfordert oder hätten das Gefühl, sie würden ohnehin bezahlt. Tatsächlich können BBJ-Teilnehmer bis zu dreimal ihren Job wechseln.

Zum zehnten Geburtstag waren jedenfalls alle ganz euphorisch: Über zweihundert Leute kamen in der Kulturbrauerei zusammen. Stolze Arbeitgeber präsentierten „ihren“ BBJler und mit ihm ihr soziales Gewissen. Auch von den KollegInnen aus der Jugendhilfeszene kamen nur freundliche Worte: „Ein ganz tolles Programm“, erklärt Reinhard Lang vom Sozialpädagogischen Institut, der sich vor allem für Existenzgründungen stark macht. Sigrid Brinker von der Jobbörse in Prenzlauer Berg bestätigt, die Nachfrage sei „enorm“. So steht kaum zu erwarten, daß BBJ sich innerhalb der kommenden zehn Jahre überflüssig macht. Jeannette Goddar