Die Welt liegt Pakistan zu Füßen

■ Internationale Suche nach Wegen zur Besänftigung Pakistans, nachdem das Land mit Atomtests droht. Indien möglicherweise unter Bedingungen zu Beitritt zum Atomteststopp bereit

Islamabad/Delhi (rtr/AFP/taz) Die internationalen Bemühungen zur Beilegung der Atomkrise in Südasien konzentrierten sich gestern auf eine Besänftigung Pakistans, das nach der aus seiner Sicht zu weichen Haltung des G-8-Gipfels gegenüber Indien eigene Atomtests angekündigt hatte. Japan entsandte einen Sondergesandten nach Pakistan. Der Sondergesandte Seiichiro Noboru überbrachte der pakistianischen Regierung in Islamabad die Warnung, Japan würde gegen Pakistan ebenso wie gegen Indien Strafmaßnahmen verhängen, wenn es Kernwaffen teste. Er ließ zugleich erkennen, daß Pakistan von einem Verzicht finanzielle und politische Vorteile haben könnte. UNO-Generalsekretär Kofi Annan schlug ausländische Sicherheitsgarantien für Pakistan vor.

Die indische Regierung zeigte sich gestern erfreut über die Beschlüsse des G-8-Gipfels. Die führenden Industrienationen hatten am Wochenende Indiens Atomtests verurteilt, aber keine eigenen Strafmaßnahmen beschlossen. Der stellvertretende Vorsitzende der indischen Planungskommission, Jaswant Singh, kündigte an, Indien werde seine Bedingungen für einen Beitritt zum Vertrag über das Atomtestverbot in Gesprächen mit den fünf bisher anerkannten Atommächten darlegen. Die Zeitung Pioneer berichtete, eine fundamentalistische Hindu-Organisation wolle zum Andenken an die indischen Atomtests einen Tempel in der Nähe des Testgeländes bauen. Der Tempel solle ein Ort für kosmische Energie sein.

Helmut redet Kohl – Bonn rudert zurück

Ein deutscher Regierungssprecher sagte gestern, Bundeskanzler Helmut Kohl habe sich bei seinen Äußerungen über einen angeblichen Atomversuch in Pakistan auf die aktuelle Quellenlage im Kreis der G-8-Gipfelteilnehmer in Birmingham bezogen. Unmittelbar vor Kohls Pressekonferenz am Sonntag hätten unter den Staats- und Regierungschefs Informationen über einen pakistanischen Atomtest „die Runde gemacht“, sagte Regierungssprecher Herbert Schmülling. Der Kanzler habe sich nach Schmüllings Worten hierauf gestützt, aber seine Aussagen zweimal ausdrücklich relativiert und erklärt, man wisse noch nicht genau, was sich in Pakistan ereignet habe. Der Kanzler hatte unter anderem gesagt: „Wir waren uns völlig einig, daß alles getan werden muß, um jetzt, nachdem in den letzten zwei Stunden ja – soweit man das beurteilen kann – seriöse Nachrichten vorliegen, daß nun auch Pakistan einen entsprechenden Atomtest gezündet hat.“ Pakistan hatte dies sofort dementiert.