„Die Leute sind stinksauer“

■ Tarifkonflikt im Einzelhandel: Nach den gestrigen Betriebsversammlungen drohen nun Warnstreiks

Im Tarifkonflikt des Hamburger Einzelhandels rufen die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) zu Urabstimmungen auf. „Die Leute sind stinksauer, weil sie's einfach ungerecht finden“, beschreibt HBV-Sprecher Jörg Reinbrecht den Unmut der 4000 Beschäftigten auf den gestrigen Betriebsversammlungen. „Die Kollegen wollen sich von anderen Branchen nicht abkoppeln lassen.“

Vor 15 Kaufhäusern, Super- und Möbelmärkten standen sich derweil gestern morgen die KundInnen wegen der Tarif-Meetings bis weit nach 11 Uhr die Beine in den Bauch. Grund: Die Unternehmen hatten in Aushängen angekündigt, die Häuser schon um zehn Uhr wieder öffnen zu können.

„Angeheizt wurde die Stimmung durch die bekanntgewordenen Pläne der Arbeitgeber, nach Ende der Tarifrunde durch massive Strukturveränderungen im Manteltarifvertrag einzelne Positionen um bis zu 600 Mark abzusenken“, berichtet auch DAG-Sprecher Hartmut Schacht: „Diese Horrorpläne könnten den Funken liefern, der zur Explosion führt.“

Trotz Tarifabschlüssen von 2,5 Prozent in anderen Branchen bieten die Hamburger Einzelhändler ihren 72.000 VerkäuferInnen nur magere 1,2 Prozent mehr Gehalt. Begründung: sinkende Umsätze. „Die Gewinne sind aber trotz Personalabbaus weiter gestiegen“, kontert Reinbrecht. So konnte zum Beispiel der Karstadt-Konzern trotz Umsatzeinbußen von 1,1 Prozent seinen Jahresüberschuß auf 164 Millionen verdreifachen. „Während der Leistungsdruck also deutlich steigt, wollen die Unternehmer den verbliebenen Beschäftigten nun auch noch sinkende Einkommen zumuten.“

Um sich dagegen zu wehren, beginnen am nächsten Montag Urabstimmungen. Reinbrecht: „Die Verbraucher sollten sich auf Warnstreiks einstellen.“ Kai von Appen