Karstadt-Chef: „Ich bin da kritisch“

■ Ein großes Einzelhandels-Zentrum würde Innenstadt schaden und einem unrentablen Space-Park in Gröpelingen wenig helfen

taz: 44.000 Quadratmeter Fläche für Einzelhandel sollen auf dem AG Weser-Gelände neben dem Space-Park geschaffen werden, dieser Zahl hat das Wirtschaftskabinett des Bremer Senats in der vergangenen Woche zugestimmt. Das wäre ein halber Weserpark ...

Günter Kirsch, Karstadt-Geschäftsführer: Ich bin sehr kritisch in Bezug auf die Flächenexpansionen, die man hier in Bremen plant. Man kann nicht sagen, nur weil wir den Space Park finanzieren müssen, brauchen wir mal eben 44.000 Quadratmeter Einzelhandels-Fläche. Entscheidend ist, welche Brachen dort vertreten sein sollen, das müßte einmal gesagt werden. Dafür würde man eine sorgfältige Analyse der Einzelhandels-Struktur in Bremen benötigen, die hat man nicht gemacht. Man stützt sich auf Einzelhandels-Leitlinien und Basismaterial der Handels- und Gaststätten-Zählung aus dem Jahre 1992. Aber zwischen 1992 und 1997 ist viel passiert. Es gab Wachstumsprognosen, die nicht eingetreten sind. Es hat kein reales Umsatzwachstum beim Einzelhandel gegeben und auch die Bevölkerungszahlen sind nicht gestiegen. In einer derartigen Situation wird durch eine solche Flächenexpansion die Kaufkraft nur umgelenkt.

Weiß man heute, wie der Weserpark sich ausgewirkt hat auf die City?

Der war geplant als Abfangjäger für die Kaufkraft, die aus Bremen abfließt. Diese Funktion hat er nicht erfüllt. Er hat in geringem Umfang Kaufkraft nach Bremen hereingeholt, mehr hat er aber von der City abgezogen.

Ist die City nicht stark genug, um solche Konkurrenz auszuhalten?

Die Kaufkraft ist in Bremen nicht überdurchschnittlich. Nach der letzten GfK-Studie (Gesellschaft für Konsumforschung, d. Red.) für 1997 hat Bremen einen Kaufkraft-Index von 107 gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 100, dieser Durchschnitt ist aber sehr niedrig, da sind die neuen Bundesländer schon eingerechnet. Das ist also eine schwache Lage, und je mehr zusätzliche Flächen ich schaffe, desto mehr verteile ich die Kaufkraft. Wenn Karstadt zum Space-Park gehen würde ...

Ein zweites Haus?

... zum Beispiel, was wir nie tun würden. Denn man muß ja fragen, wie sich der Verbraucher dann entscheidet. Wir wissen von den Doppelplazierungen im Weserpark - ich nenne keine Namen - daß die dort ihre beabsichtigten Umsätze nicht erreichen und hier in der City Umsätze verloren haben. Das ist ganz einfach: Wer von außerhalb kommt und bei einem dieser Geschäfte einkaufen will, der kann das auch im Weserpark. Also fährt er nicht in die City. So muß man sich das vorstellen.

Im Falle Space Park würde das Kunden betreffen, die aus dem Westen bisher in die City kommen?

Man riegelt die Innenstadt ab.

Die Idee ist geboren aus der Not des Space Park-Projektes.

Aber mit vollen Tüten kann man schlecht die interessanten Dinge eines Space Park nutzen, diese Kombination ist schwierig. Es gibt auch keine Studie darüber, daß es ein Verbraucherverhal- ten gibt, das das gerne kombiniert.

Man möchte zwischendurch gern bummeln und Kaffee trinken.

Klar, es muß eine angenehme Atmo-shäre sein. Aber wer zum Stadtfest geht, geht nicht einkaufen.

Wie geht das finanztechnisch, den Space-Park durch Einzelhandels-Flächen zu subventionieren?

Das bleibt das Geheimnis des Investors. Der muß die Flächen vermieten. Er kann ja nur normale Einzelhandelsmieten nehmen.

Eigentlich müßte es einen Aufstand der City geben, vorneweg der City-Initiative.

Es müßte einen Aufschrei geben des innerstädtischen Handels.

Haben Sie davon etwas gespürt?

Na ja, es ist schon hier und dort etwas Lautes gesagt worden. Aber Einzelhändler sind einzelne Händler und sehen solche Situationen sehr unterschiedlich. Ich denke aber doch, daß sich die Organisationen dazu äußern werden. Noch ist das aber ja auch nicht offengelegt. Wir warten darauf, daß diese gegriffene Zahl von 44.000 Quadratmetern klar definiert wird: Was soll denn da geschehen? Vielleicht ist es noch zu früh, um diesen Aufschrei der Innenstadt zu erwarten.

Der derzeitige Präses der Handelskammer müßte dann mit dem früheren Präses reden?

Ja, das hoffe ich sehr.

Fragen: K.W.