Scharfe Kritik am Polizeipräsidenten

■ Polizeigewerkschaft kritisiert Vertuschung von Fehlern am 1. Mai

Scharfe Kritik an Polizeipräsident Hagen Saberschinsky hat gestern die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geübt. Statt die Führungsfehler beim Einsatz am 1. Mai aufzuarbeiten, versuche die Polizeiführung, diese „zu vertuschen“ und die Kritiker in den eigenen Reihen mundtot zu machen, sagte der GdP-Landesvorsitzende Eberhard Schönberg gestern. Gemeint sind die von Saberschinsky veranlaßten Ermittlungen gegen einen Polizisten, der in einem Radio-Interview anonym über Einsatzfehler am 1. Mai berichtet hatte. Gegen den Beamten wird, wie berichtet, wegen Verdachts der üblen Nachrede und Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt.

Für den Fall, daß es der Kripo gelingen sollte, den Polizisten namhaft zu machen, befürchtet die GdP das Schlimmste. Aufgrund von Saberschinskys restriktiver Nachrichtenpolitik drängen ohnehin kaum noch Informationen aus dem Polizeiapparat nach draußen. Wenn der Kritiker ausfindig gemacht werde, „ist der Laden dicht, weil sich dann niemand mehr traut, noch etwas zu sagen“, sagte GdP- Sprecher Klaus Eisenreich. Verantwortlich für den Polizeieinsatz am 1. Mai sei nicht Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), sondern Hagen Saberschinsky, stellte Schönberg klar. Bedauerlicherweise brauche dieser aber für die Fehler seines Führungsstabes nicht persönlich geradezustehen. „Das hätte ein sehr heilsame Wirkung“, glaubt Schönberg.

Auf ihrer Delegiertenversammlung hat die GdP gestern eine Verschärfung des Strafrechts und anderer Gesetze zur Inneren Sicherheit gefordert. Auch die verdachtsunabhängigen Kontrollen wurden befürwortet. Straffällige Jugendliche müßten wieder in geschlossenen Heimen untergebracht werden können. Auch Videoüberwachung solle verstärkt und Gerichtsverfahren bei Bagatelldelikten beschleunigt werden.

Innensenator Schönbohm wünschte sich unterdessen härtere Gesetze, um besser gegen „gewaltbereite Chaoten“ vorgehen zu können. In einem Zeitungsinterview sprach er sich dafür aus, daß „Chaoten“, von denen man wisse, daß sie am 1. Mai Fensterscheiben einschlagen wollen, vorbeugend mit richterlicher Genehmigung statt bisher 24 Stunden bis vier Tage in Gewahrsam genommen werden können. Plutonia Plarre