Winzige Wohncontainer in weiter Landschaft

■ Auf der Suche nach Eigenem findet die Kölner Gruppe Richtungswechsel ein bißchen von allem – und zeigte Tanz, Akrobatik und Clownerie als Übungsstücke in der Brotfabrik

Die eine versucht sich in Kontemplation und Freiheit. Sie hockt am Strand und türmt Steine zu kleinen Figuren. Doch was als das ganz andere zum verplanten und kontrollierten Alltag begann, erweist sich bald als etwas alberne Regression in die Infantilität. Die andere faltet Bettwäsche: heftig, vorwurfsvoll, aggressiv und mit einer Bitterkeit, die sich über generationenlange Rollenverteilung eingeschliffen hat. Mit diesem polarisierten Bild endet in dem kurzen Stück „El Cabrito – Paradies mit Spülmaschine“ der Versuch, mit kollektiven Bemühungen die Trennung von Arbeit und Freizeit zu überwinden.

Noch sind Gesine Daniels und Ute Faust nicht fertig mit ihrem Stück über El Cabrito: Die Bucht auf der kanarischen Insel La Gomera, die nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl kurzfristig als Fluchtpunkt aus der Zivilisation und westliches Aussteigerparadies entdeckt wurde, steht dabei für den Traum von alternativen Lebensformen, der schnell zwischen Kommerzialisierung, Massenandrang und Raumzuteilung zerrieben wurde. Der Schönheit der Insel setzen sie „Berge von Geschirr“ und der Weite der Landschaft winzige „Wohncontainer“ gegenüber.

Allein den Formen von Spiel und Tanz, mit denen Daniels und Faust von der absurden Verwandlung des Paradieses erzählen wollen, mangelt es an Präzision und Schärfe. Über die Ebene von Improvisationen in einem Workshop kommen sie kaum hinaus. Das gilt mehr noch für das zweite kurze Stück „Parade – Eine Tanzskizze“, das Rolf Kastelleiner mit den beiden Tänzerinnen erarbeitet hat. Eine burleske Szene von Jean Cocteau mit Musik von Eric Satie bildet die Vorlage. Aber aus der Verschränkung der verschiedenen Sprachebenen wird nicht mehr als eine surreale Absichtserklärung. Sie versuchten ein bißchen von allem – Tanz, Akrobatik, Clownerie. Man spürt der Gruppe, die sich im Rahmen eines Ausbildungsprojektes in Köln zusammenfand, noch sehr die Suche nach eigenen Themen und Formen an. Leider fehlten im kleinen Theatersaal der Brotfabrik Freunde und Verwandte in ausreichender Zahl, um für den Mangel an Professionalität mit solidarischer Stimmung zu entschädigen. Katrin Bettina Müller