Schadenersatz wegen untätiger Behörde

■ Auf das Land Berlin kommt millionenschwere Schadenersatzzahlung wegen Amtspflichtverletzung des Weißenseer Baustadtrates zu. Landgericht gab Klage eines Investors statt. Verfahren wegen versuchter Erp

Jetzt ist es amtlich: Der Baustadtrat von Weißensee, Rainer Hampel (SPD), hat seine Amtspflicht verletzt. Vergangene Woche gab das Landgericht der Klage eines Investors statt, der das Land Berlin wegen Untätigkeit des Bauamtes bei der Bearbeitung eines Bauvorbescheides auf Schadenersatz verklagt hatte. Die Höhe des Schadenersatzes, der mit diesem Urteil fällig wird, ist indes noch nicht festgelegt.

Das Gericht kommt in seinem Urteil zu dem Schluß, daß der Vorbescheidsantrag der Real Contract Bau- und Datenservice GmbH aus Mannheim für den Bau eines zweigeschossigen Wohnhauses nicht antragsgemäß beschieden wurde. Der Bauherr hatte 1994 ein Grundstück in einem denkmalgeschützten Gebiet in Weißensee erworben. Sein im November 1994 beantragter Bauvorbescheid wurde bis März 1995 nicht erteilt. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs liegt eine Amtspflichtverletzung bereits dann vor, wenn ein Antrag nicht binnen drei Monaten bearbeitet wird. Als das Bauamt auch nach einer Aufforderung der Senatsbauverwaltung zur Bewilligung des Projektes untätig blieb und mittlerweile eine Bauförderung ausgelaufen war, drohte der Bauherr mit Schadenersatzansprüchen und zog vor Gericht.

Diese nun amtlich festgestellte Amtspflichtverletzung durch Baustadtrat Hampel kann das Land Berlin, in dessen Auftrag das Bezirksamt Weißensee handelt, teuer zu stehen kommen. Denn der Investor will Schadenersatz von insgesamt 3,5 Millionen Mark unter anderem für wegen des fehlenden Bauvorbescheids entgangene Baufördermittel. „Unsere Chancen, diesen Betrag zu bekommen, stehen nicht schlecht“, sagt der Anwalt der Real Contract Bau- und Datenservice GmbH, Christoph Riese.

Obwohl das Landgericht die Amtspflichtverletzung durch Hampel festgestellt hat, wird der Investor Berufung einlegen. „Diese Feststellung ist nur ein Teilerfolg“, so Anwalt Riese weiter. Denn noch strittig ist die Frage, ob der Schaden 1994 oder 1995 eingetreten ist und wie hoch demzufolge die Summe beim Schadenersatz ist. Darüber wird nun das Kammergericht befinden müssen.

Weiterhin anhängig ist das Verfahren gegen Baustadtrat Hampel wegen versuchter Erpressung. Hampel soll versucht haben, die berechtigten Schadenersatzansprüche des Bauherrn mit einem illegalen Deal abzuwenden. Das Ermittlungsverfahren war eingeleitet worden, nachdem sich die Real Contract Bau- und Datenservice GmbH an die Staatsanwaltschaft gewandt hatte. Bei einem Gespräch im Sommer 1995 habe Hampel dem Investor eine unverzügliche Bearbeitung unter der Bedingung zugesagt, daß er seine angedrohten Schadenersatzansprüche nicht geltend mache, behauptet die Real Contract Bau- und Datenservice GmbH. Dieser unzulässige Deal war dem Investor vom Leiter des Stadtplanungsamtes in einem Schreiben bestätigt worden: Hampel habe angeboten, „im Falle eines Verzichts auf Schadenersatzansprüche für eine bevorzugte, schnellstmögliche Bescheidung eines Bauantrages“ zu sorgen. Hampel weist den Vorwurf der Erpressung zurück. Das Bezirksamt wiederum hat Strafanzeige gegen den Anwalt des Investors wegen übler Nachrede und Verleumdung gestellt. Barbara Bollwahn