Gedenkstein abgelehnt

■ CDU gegen Denkmal für ermordete Juden in Frohnau. SPD hofft nun auf private Spender

Weil es die Bewohner „in Verruf“ bringen könnte, lehnt die Reinickendorfer CDU ein Mahnmal für ermordete Juden im Ortsteil Frohnau ab. Der Gedenkstein sollte auf Initiative der Jusos errichtet werden, wurde jedoch im Kulturausschuß des Bezirks mit CDU-Mehrheit abgelehnt.

Zur Begründung sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Balzer gegenüber der taz, da Frohnau ein sehr kleiner Ortsteil sei, würde durch einen Gedenkstein der Eindruck erweckt, es habe dort eine „Massierung von Nazis“ gegeben. Das sei jedoch nicht wissenschaftlich erwiesen. Ohne historische Hintergründe oder seriöse Untersuchungen könne ein Gedenkstein die Frohnauer Bewohner und den Ortsteil in Verruf bringen. Außerdem gebe es bereits eine Tafel in der Eingangshalle des Rathauses Reinickendorf.

Die Jusos hatten über ein Jahr lang die Geschichte der JüdInnen in Teilen des Bezirks erforscht. Sie fanden heraus, daß rund um den Ludolfinger Platz 50 JüdInnen gelebt hatten, von denen 20 definitiv ermordet worden sind. Diese Namen sollten auf einer Tafel an „exponierter Stelle“ sichtbar gemacht werden, hieß es in dem SPD-Antrag. Die SPD zeigte sich über die Ablehnung enttäuscht. „Die CDU will sich mit diesem Thema einfach nicht auseinandersetzen“, sagt Brigitte Lange, die für die SPD im Kulturausschuß des Bezirks sitzt. Sie verwies darauf, daß die CDU im vergangenen Jahr gegen die Umbennung der Hoeferstraße gestimmt hatte, die nach einem SS- Mann benannt war und statt dessen den Namen der jüdischen Ärztin Berta Jacoby tragen sollte. Die Lebensgeschichte der Berta Jacoby sei der CDU damals zu „nebulös“ gewesen. Die Straße wurde dann schließlich nach Otto Heinrich von Gablentz, Mitglied des Kreisauer Kreises, benannt.

Doch nicht nur die CDU, auch die Bündnisgrünen lehnen den SPD-Antrag ab – jedoch aus anderen Motiven. „Wir fanden die Konzeption noch nicht ausgegoren“, sagt Dietmar Rönsch. Außerdem sollte auf einem solchen Mahnmal dann auch den ermordeten Sinti und Roma des Bezirks gedacht werden. Die Bündnisgrünen plädieren für individuelle Tafeln an den Häusern der Ermordeten und enthielten sich deshalb der Stimme. Die Reinickerdorfer SPD möchte die Gedenktafel jetzt trotzdem errichten, mit Hilfe einer Bürgerinitiative und privater Spender. „Am 9. November 1997 haben wir mit 200 Teilnehmern einen Gedenkspaziergang durch Frohnau gemacht“, sagt Brigitte Lange. „Das zeigt, daß sehr wohl viele Frohnauer an einem Gedenkstein interessiert sind.“ Julia Naumann