■ Gehören reine Frauenministerien bald der Vergangenheit an?
: Lieber mehr Einfluß als mehr Kompetenz

Frauenministerinnen, Frauenstaatssekretärinnen und Frauenbeauftragte sind heutzutage ein „alter Hut“. Die anfängliche Aufgeregtheit über deren Existenz hat sich gelegt. Die ersten Frauenbeauftragten auf Landesebene, wie etwa die 1979 eingerichtete Zentralstelle für Frauenfragen in Hessen, standen unter starkem Legitimationsdruck.

Um der Frauenpolitik ein anderes Gewicht zu verleihen, setzten die Grünen in Hessen 1985 die Einrichtung einer eigenständigen Frauenbehörde mit mir als Staatssekretärin an der Spitze durch. Damit war das Eis gebrochen. Bald darauf wurde in Nordrhein- Westfalen Ilse Ridders-Melcher zur Frauenstaatssekretärin ernannt, und Rita Süßmuth nahm in die Bezeichnung des von ihr geleiteten Bundesfamilienministeriums ausdrücklich den Bereich Frauen auf.

Seither haben sich zwei unterschiedliche Grundmodelle entwickelt: reine Frauenministerien sowie „...und Frauen“-Ministerien, also Ministerien mit verschiedenen Zuständigkeitsbereichen, darunter auch Frauen. Das Modell „reines Frauenministerium“ hat in den letzten Jahren an Boden verloren. Nun wird gemunkelt, daß auch der dienstältesten Frauenministerin, Ilse Ridders-Melcher, möglicherweise im Rahmen der Regierunsumbildung in Nordrhein-Westfalen das Schicksal droht, eine „...und Frauen“-Ministerin zu werden.

Den Pro-Argumenten, daß Frauenministerien und die jeweiligen Ministerinnen dadurch mehr Macht und Einfluß bekommen, wenn sie außer für den Frauenbereich noch für ein „richtiges“ Gebiet zuständig sind, kann ich mich nicht völlig verschließen. Dennoch bleibe ich eine Anhängerin des Modells „reines Frauenministerium“. Das Modell „...und Frauen“ funktioniert nur dann gut, wenn die Amtsinhaberin ein wirkliches Interesse an Frauenpolitik hat. Ansonsten geht der Bereich Frauen unter. Dies belegt nicht nur der Vergleich zwischen Rita Süssmuth und Claudia Nolte. Auch in Hessen hat die Frauenpolitik mit Auflösung der Frauenbehörde 1992 und Aufteilung der „Frauenangelegenheiten“ auf zwei Ministerien stark an Bedeutung eingebüßt. Ministerien mit alleiniger Zuständigkeit für den Frauenbereich sind besser in der Lage, eine Querschnittsfunktion auszuüben und alle Politikbereiche im Blick zu haben. Die Ministerinnen müssen aus Eigeninteresse dafür sorgen, daß ihr Gebiet nicht von der Bildfläche verschwindet, und können nicht, wenn ihnen das Frauenthema nicht wirklich am Herzen liegt, auf einen ihre anderen Zuständigkeitsbereiche ausweichen. Marita Halbach