Kein Pardon für HEW

■ Mindestens drei kontaminierte Castor-Behälter verließen das AKW Brunsbüttel

In der Affäre um verheimlichte kontaminierte Castor-Transporte geraten die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) zunehmend ins Zwielicht. Während Hamburgs Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) „zügig alle Fakten“ zusammentragen möchte, „um zu sehen, wann und in welchem Maße Vorschriften übergangen worden sind“, forderte Kiels SPD-Amtskollege Claus Möller gestern „strafrechtliche Konsequenzen zu prüfen“. Zugleich verdichten sich Informationen, nach denen insgesamt mindestens drei Castoren aus dem Atomkraftwerk Brunsbüttel verstrahlt zur Wiederaufbereitungsanlage La Hague rollten.

Sollte sich heraustellen, daß die HEW als Betreiber der Atommeiler Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel über Informationen verstrahlter Transporte verfügten, diese aber nicht den zuständigen Aufsichtsbehörden weiterleiteten, dann, so Möller, „darf es kein Pardon geben“. Die HEW weisen derweil weiterhin jede Schuld von sich. Sprecher Ulrich Kresse bekräftigte, erst am 15. Mai 1998 von dem verstrahlten Castor-Behälter aus Brunsbüttel erfahren zu haben. Dieser war im Juli 1997 nach La Hague gerollt und dort verstrahlt mit 2200 Bequerel angekommen. „Wir hatten 1986 schon mal einen vergleichbaren Vorgang, allerdings mit nur 54 Bequerel“, gestand Kresse am Sonnabend dem Hamburger Abendblatt einen zweiten strahlenden Castor aus Brunsbüttel. Damals hätten die HEW in Absprache mit der Kieler Aufsichtsbehörde „Ritzen und Fugen an der Behälterwand abgeklebt“.

Das Kieler Energieministerium bestreitet, informiert worden zu sein. „Über diesen Vorgang liegen uns keine schriftlichen Mitteilungen vor“, erklärte Ministeriumssprecher Marco Carini gestern. Zugleich räumte er ein: „Wir haben Informationen über einen weiteren kontaminierten Transport, der auch aus Brunsbüttel kam.“ Dies wäre dann der dritte verstrahlte Castor.

Porschke hofft nun, über Informationen aus Frankreich „alles aufzuklären“. Hamburg sei in der „schrägen Lage“, zwar HEW-Hauptaktionär zu sein, sei aber nicht die Aufsichtsbehörde. „Wenn strafrechtliche Vergehen vorliegen, sind dafür die Strafverfolgungsbehörden zuständig.“ Im Moment hält er es noch für verfrüht zu prüfen, ob den HEW die Lizenz zum Betreiben von Atomkraftwerken entzogen werden sollte. Kai von Appen